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Der dunkelrote Faden des FC Bayern München
Bei der 0:3-Niederlage in Rotterdam verfällt der Rekordmeister in ein bekanntes Muster
Die schon den ganzen Mittwochabend hämmernden Technobeats quälten die Bayern bei ihrem Auszug aus Rotterdams Stadion De Kuip zusätzlich. Während sich Feyenoords Spieler zum Gabber-Sound von ihren Fans feiern ließen, trotteten die Münchner nach ihrer 0:3-Niederlage im Gänsemarsch mit gesenkten Häuptern durch den Dauerregen in den Kabinengang.
Dass die Mannschaft von Trainer Vincent Kompany hoch überlegen agierte und insgesamt 30 Torschüsse und 80 Prozent Ballbesitz anhäufte, machte die höchstwahrscheinlich verpasste direkte Qualifikation für das Achtelfinale der Champions League nur noch schwerer erträglich. »Das haben wir uns selber zuzuschreiben«, erkannte Torwart Manuel Neuer, man sei in Offensive und Defensive in den entscheidenden Situationen nicht präsent, kaltherzig und gallig genug gewesen.
Noch schärfer fiel Joshua Kimmichs Analyse aus, zumal er sie ruhig vortrug und nicht Frust, sondern Fakten sprechen ließ. Die »absolut verdiente« dritte Auswärtsniederlage nach jenen bei Aston Villa und in Barcelona sage zusammen mit Tabellenplatz 15 aus, »dass wir momentan kein Topteam in Europa sind«. Kimmich unterfütterte sein Urteil mit der Bilanz von nur zwölf Punkten aus sieben Partien. »Wenn du so viele Fehler machst und so viele Spiele verlierst, dann bist du natürlich kein Topteam«, ärgerte sich der Kapitän der Nationalmannschaft. Man sei »nicht reif und abgezockt genug« und nun »in einer sehr, sehr schlechten Situation«.
Die zusätzlichen beiden Playoff-Spiele im Februar dürften nun kaum zu vermeiden sein, trotz des fast sicheren Heimsiegs gegen den krassen Außenseiter Bratislava am letzten Spieltag am kommenden Mittwoch. Dabei waren die Münchner mit dem Ziel nach Rotterdam gereist, sich mit einem Sieg weitere Belastungen in ihrem straffen Terminkalender vom Leib zu halten. Ganz abgesehen davon, dass Playoff-Spiele immer schiefgehen können, was die von Vorstandschef Jan-Christian Dreesen formulierte Hoffnung auf den »Titel dahoam« im Finale am 31. Mai in München sehr frühzeitig zunichtemachen würde.
Sportvorstand Max Eberl sprach deswegen von einem »richtigen Hieb auf die Nase« und Kimmich kam zur ernüchternden Erkenntnis: »Die Prüfung haben wir nicht bestanden.« Ergänzen ließ sich gedanklich: erneut nicht. Wie ein dunkelroter Faden zieht sich ein wiederkehrendes Muster durch diese Saison. Die Bayern spielen sehr dominant, erwirtschaften in wichtigen Spielen aber oft keinen oder einen zu geringen Ertrag. Das war zweimal gegen Leverkusen so beim 1:1 in der Liga und dem 0:1-Ausscheiden im DFB-Pokal, in Frankfurt (3:3), in Dortmund (1:1) und kurz vor Weihnachten sogar in Mainz (1:2). »Nach den zwei Niederlagen in Birmingham (bei Aston Villa, d. Red.) und Barcelona haben wir uns auf einem guten Weg gewähnt, das wurde heute jäh zerstört«, sagte Eberl. Nur auf Schalke gegen Schachtar Donezk gelang den Bayern in der Champions League ein Auswärtssieg.
In Rotterdam kam auch deshalb nicht der zweite dazu, weil die Bayern ihre Chancen nicht verwerteten. Doch vor allem lag es daran, dass Feyenoord von der ersten Sekunde an nur auf Konter spielte und mit diesem schlichten Muster gnadenlos effizient zu seinen drei Toren kam – begünstigt durch individuelle Aussetzer in der Münchner Defensive. Wie schon so oft in dieser Saison lautete das vertraute Prinzip in Rotterdam bei allen drei Gegentoren: Konter, Fehler, drin.
Vorm 0:1 durch Santiago Giménez wurde erst der lange Pass nicht verhindert, ehe Min-jae Kim am Ball vorbeischlug (21.). Vorm 0:2 per Elfmeter von Giménez (45.+9) fing der gerade eingewechselte Raphaël Guerreiro den Ball erst ab, um ihn sich dann zu weit vorzulegen und gedankenlos dem aus dem Strafraum laufenden Calvin Stengs von hinten ein Bein zu stellen. Zudem ließen sich vor Ayase Uedas 0:3 sechs Bayern von drei Gastgebern auskontern (89.). Gerade in der Champions League gehe es darum, »so wenig wie möglich Fehler anzubieten«, sagte Kimmich und verwies auf Rekordtitelträger Real Madrid. Seine Forderung: »Da müssen wir uns schon schnellstmöglich als Mannschaft und auch jeder individuell entwickeln.«
Die in der Hinrunde geführte Grundsatzdebatte über die riskante Spielweise mit der sehr hohen Abwehr aufzuwärmen, hält Kimmich für falsch. Jeder merke, dass es nicht am Stil liege, befand er, und ihm sei es sogar »lieber, dass man einen individuellen Fehler macht, als wenn wir das ganze System hinterfragen«. Man kann es aber auch so sehen: Der Risikostil macht Fehler wahrscheinlicher, wenn die Gegner ihre Konter besser zuspitzen können und den Handlungsdruck in Bayerns Defensive erhöhen. Geht dann etwas schief, heißt es möglicherweise bald: Konter, Fehler, ausgeschieden.
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