Freund und Feind das Fürchten lehren

Womit in Trumps ersten Amtswochen zu rechnen ist – und auf welchen Widerstand er stößt

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Präsident der USA, Donald Trump, unterzeichnet zum Amtsantritt zahlreiche Erlasse, die einen Vorgeschmack auf seine Regierung geben.
Der Präsident der USA, Donald Trump, unterzeichnet zum Amtsantritt zahlreiche Erlasse, die einen Vorgeschmack auf seine Regierung geben.

Donald Trumps Antrittsrede und die Lawine an Soforterlassen sind ein Barometer, wie er die ersten Dienstwochen angehen wird: Freund und Feind mit Brust-Trommeln das Fürchten lehren. Dies wird umso mehr der Fall sein, als sich Trump nun gar in göttlicher Mission sieht. Zum Anschlag auf ihn im vorigen Juli sagte er: »Gott hat mich gerettet, damit ich Amerika wieder groß mache.« Die Anrufung Gottes passt in sein Gorilla-Gebaren – wer Furcht auslöst, verbreitet eventuell auch Ehrfurcht.

Trumps fast 100 Blitzentscheidungen gaben dafür eine Kostprobe: Wiederaustritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, WHO-Austritt, Notstand an der Grenze zu Mexiko und vieles mehr. Dies alles gehört zur Linie, Furcht zu säen und »America first« zu bedienen.

Mit Sicherheit wird der US-Präsident das Justizministerium umbauen. Er weiß, dass er wohl im Gefängnis gelandet wäre, hätte er die Wahl verloren. Doch in der ersten Amtszeit sicherte er sich mit einer von ihm geschaffenen Richtermehrheit im obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, Immunität. Nun sieht er im Justizministerium den Schlüssel für autokratische Macht.

Trump schwor all jenen Vergeltung, die ihn stoppen wollten, etwa um seine Wahlbetrugsversuche nach der Niederlage 2020 gegen Joe Biden zu ahnden. Die Abrechnung wird er vermutlich auf mehreren Ebenen versuchen, mit Hilfe des FBI, der Geheimdienste und eben des Justizministeriums. Trump hat angedeutet, den Umbau so durchzuführen, dass es quasi unmöglich wird, juristisch gegen ihn vorzugehen. Entscheidend dabei ist, ob der Senat Trumps Kandidaten als FBI-Direktor, Direktorin der Nachrichtendienste und als Justizminister bestätigt. Das Amt des Justizministers deckt sich in den USA mit dem des Generalstaatsanwalts. Das macht diese Position besonders einflussreich und wohl zur mächtigsten nach dem Präsidenten.

Schon in der ersten Woche von Trumps Amtszeit verabschiedete der Kongress den Laken Riley Act. Die Vorlage der Republikaner sieht die Inhaftierung und Abschiebung auch von Einwanderern vor, die Bagatelldelikte begangen haben. Die Verschärfung passt zu Trumps Ansage, Immigranten millionenfach abzuschieben, die Mauer zu Mexiko auszubauen und dazu selbst Militär hinzuzuziehen. Die Ankündigung löste erste Empörung in Militärkreisen aus, dazu kommen Zweifel an der Rechtssicherheit und logistischen Machbarkeit sowie der ökonomischen Vernunft der angedrohten Massenabschiebungen.

Mit der vorgeblich auf Bürokratieabbau zielenden »Abteilung zur verbesserten Regierungseffizienz« plant Trump, Amerikas öffentlichen Dienst radikal zu schleifen und mit Günstlingen zu ersetzen. Tech-Milliardär Elon Musk, der Trumps Wahlkampf mit über 200 Millionen Dollar unterstützt hatte, soll die neue Behörde leiten. Er hat dem Präsidenten versprochen, bis zum 250. Unabhängigkeitstag der USA am 4. Juli 2026 an die zwei Billionen Dollar im Staatshaushalt einzusparen. Käme es tatsächlich dazu, würden tausende Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ihre Stellen verlieren und viele Leistungen der Daseinsvorsorge würden gekürzt oder verschwinden. Der Staatsapparat wäre damit letztlich gelähmt, die Demokratie beschädigt.

Internationale Abkommen – siehe Klimavertrag – wird der Präsident weniger achten. Vielmehr wird er eine eng an seinem Credo »America First« ausgerichtete, den profitabelsten Deal suchende bilaterale Politik gegenüber Einzelstaaten betreiben – genauer gesagt: versuchen. Denn wie in seiner ersten Ära werden weder Trump noch die Big-Tech-Krösusse geopolitische wie ökonomische Zwänge vergessen machen können. Denn die unipolare Weltordnung mit der USA an der Spitz dürfte der Vergangenheit angehören. Der Präsident des Weltwirtschaftsforums, der Norweger Børge Brende, sieht die heutige Welt sogar in einem Bruch wie zuletzt 1989.

Trump kündigte an, alle Importe aus China ab dem 1. Februar mit zehn Prozent Zoll zu belasten. Der EU warf er per Videoschalte zum Weltwirtschaftsforum in Davos vor, die USA »sehr unfair« zu behandeln. Das müsse sich ändern, mahnte er, ohne die Drohung zu spezifizieren. Den Stand der EU charakterisierte der Londoner »Guardian« mit: »Hoping for the best, but unprepared for the worst« – auf das Beste hoffend, aber auf das Schlimmste unvorbereitet.

Zu Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt es erstmals substanziellere Bemerkungen. Sie zeigen, dass Trump offenbar auf Zusammenarbeit mit Chinas Präsident Xi hofft. Auf der Plattform »Truth Social« schrieb Trump an Putin: »Stoppen Sie diesen irrwitzigen Krieg. Es wird nur schlimmer.« Andernfalls bleibe ihm nichts anderes übrig, »als hohe Steuern, Zölle und Sanktionen auf alles anzuordnen, das Russland an die USA verkauft«.

Trumps Sanktionsdrohung wird Brandstifter Putin wahrscheinlich eher nicht den Schlaf rauben. Starke Worte, man kann es im Lichte anhaltender russischer Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine nicht anders sagen, beeindrucken ihn vermutlich weniger, als es starke Verteidigungswaffen tun könnten.

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