AfD-Mann sucht »patriotische Zentren« für seine Partei

Landgericht entscheidet, ob Landtagsabgeordneter Gebäude einer früheren NS-Luftwaffenschule erwerben kann

  • Kai Budler
  • Lesedauer: 3 Min.
Verfällt seit 20 Jahren langsam, aber sicher: Haus Schwarzeck in Bad Blankenburg, dessen Käufer nie dafür bezahlt hat und der Stadt zudem mittlerweile 600 000 Euro Grundsteuer schuldet.
Verfällt seit 20 Jahren langsam, aber sicher: Haus Schwarzeck in Bad Blankenburg, dessen Käufer nie dafür bezahlt hat und der Stadt zudem mittlerweile 600 000 Euro Grundsteuer schuldet.

Seit Langem ist die AfD auf der Suche nach eigenen Immobilien für Parteitage, Veranstaltungen, Seminare und Schulungen. Denn Räume in öffentlichen Gebäuden sind für die Rechtspartei rar, Privatpersonen lehnen Vermietungen entweder ab oder fürchten Proteste. Das weiß auch der AfD-Funktionär Franz Schmid. Der staatlich geprüfte Kinderpfleger ist nicht nur Mitglied des Landtags in München und des Landesvorstands der Partei in Bayern. Er ist auch Landesvorsitzender der »Jungen Alternative« (JA) im Freistaat und Bundesschatzmeister der AfD-Nachwuchsorganisation. Von sich reden machte der 24-Jährige als möglicher Käufer historischer Immobilien für AfD und JA.

In Thüringen wurde Schmid in Bad Blankenburg im Kreis Saalfeld-Rudolstadt fündig. Das am Stadtrand gelegene frühere Sanatorium Schwarzeck am Fuße des Hainbergs weckte sein Interesse. Das 1872 gebaute Haus wurde 1937 an das Reichsluftfahrtministerium unter Leitung von Hermann Göring verkauft. Im Thüringer Wald entstand eine Ingenieurtechnische Schule der NS-Luftwaffe mit Vorbereitungskursen für das Offiziersstudium, Ausbildungswerkstätten auf dem weitläufigen Gelände, Unterkünften und einem Musterungsstützpunkt für Luftwaffenrekruten.

1997 erwarb die Stadt die Immobilie samt 35 000-Quadratmeter-Grundstück von der Treuhandanstalt und verkaufte sie 2003 an die Klinikbetrieb Störtal GmbH. Den damaligen Kaufpreis von 325 000 Euro bezahlte das Berliner Unternehmen aber nicht. Auch die Grundsteuern der letzten 20 Jahre schuldet es der Stadt. Die ließ die Firma aber trotzdem als Eigentümer ins Grundbuch eintragen. Vor zwei Jahren zog die Stadt vor Gericht. Ihr Ziel: Rückabwicklung des Verkaufs, Rückzahlung des Kaufpreises und Nachzahlung der aufgelaufenen Grundsteuern in Höhe von mehr als 600 000 Euro.

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Diesen Mittwoch will das Landgericht Berlin nun darüber entscheiden, ob die seit Jahrzehnten leerstehende und verfallende Immobilie wieder in den Besitz der Stadt übergeht. Für den Fall einer Entscheidung zu Ungunsten von Bad Blankenburg hatte Schmid beim Geschäftsführer der Störtal GmbH sein Kaufinteresse angemeldet. Beide sollen sich bereits geeinigt haben. Der AfD-Mann will das Anwesen für Parteizwecke nutzen, es aber auch der Öffentlichkeit zugänglich machen. Offenbar will er sich damit als »Kümmerer« und die AfD als normale bürgerliche Kraft inszenieren.

Im Unterallgäu scheiterte Schmid allerdings erst kürzlich mit ähnlichen Plänen für das im 16. Jahrhundert erbaute Schlosses Mattsies. Das Land Bayern hatte die landeseigene Immobilie über seine »Immobilien Freistaat Bayern« (IMBY) an den Meistbietenden versteigert. Schmid hatte zwar zu seinem ursprünglichen Gebot angeblich noch ein Nachgebot im sechsstelligen Bereich abgegeben. Zu Gesprächen nach der Versteigerung wurde er aber nicht mehr eingeladen. Auch im Unterallgäu wollte Schmid nach eigenen Angaben eine »Hemmschwelle« abbauen. Die Anwohner*innen sollten sehen, »dass AfDler ganz normale Leute sind«.

Der Mann, der als einziges Mitglied der 32-köpfigen bayerischen AfD-Landtragsfraktion vom Verfassungsschutz des Freistaats beobachtet wird, versucht also, für seine Partei als »patriotische Zentren« geeignete Immobilien an Land ziehen.

Dass Schmid vom Inlandsgeheimdienst als Verfassungsfeind eingestuft wird, geht aus der Antwort der Landesregierung auf Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katharina Schulze hervor. Darin heißt es, dass er »sein Mandat zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht oder diese aktiv und aggressiv bekämpft«. Er habe sich »durch sein hohes Engagement und die breite Vernetzung in das rechtsextremistische parteipolitische Vorfeld zu einer treibenden Kraft der Vernetzung zwischen der AfD und der Jungen Alternative einerseits und der rechtsextremistischen Neuen Rechten, insbesondere der IB (Identitäre Bewegung, d. Red.), andererseits entwickelt«. Er sei zudem der AfD-Führungsebene zuzuordnen, könne also maßgeblich deren weitere Entwicklung mitgestalten. Schmid kündigte derweil unverdrossen an, er werde weiter nach geeigneten Liegenschaften suchen.

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