Berlin: Wieder ein Raum weniger

Nach Aus für Wohnungslosencafé in Friedrichshain: Aktivisten und Nachbarn diskutieren über die Zukunft des Projekts

  • Felix Schlosser
  • Lesedauer: 3 Min.
Nachtcafés für obdach- und wohnungslose Menschen gibt es in vielen Räumlichkeiten von Kirchengemeinden.
Nachtcafés für obdach- und wohnungslose Menschen gibt es in vielen Räumlichkeiten von Kirchengemeinden.

Der Rausschmiss des Nachtcafés für Wohnungslose »Obdach« aus der Samariterkirche in Berlin-Friedrichshain sorgt weiter für Unruhe. 24 Jahre lang konnten rund 20 Wohnungslose hier immer donnterstags übernachten, etwas essen und die Toiletten benutzen. Doch mit Verweis auf Beschwerden aus der Nachbarschaft über Ruhestörung, Vermüllung und betrunkene Personen in den Hausfluren habe die »evangelische Samariter-Auferstehungsgemeinde« dem gemeinnützigen Verein die Raumnutzung zum 1. Januar 2025 untersagt. Mittlerweile laufen die Sanierungsarbeiten. In Räumen der Schreinerstraße diskutierten am Dienstagabend Nachbar*innen darüber, ob und wie es mit dem Projekt doch noch weitergehen könne. Auch die Frage, welchen Einfluss eine profitorientierte Stadtentwicklung auf die vulnerablen, teils gesellschaftlich geächteten Nutzer*innen hat, war Thema.

»Die Räume sollen nach einer Renovierung anderweitig genutzt werden und nicht mehr für Obdachlose zur Verfügung stehen«, kündigte die verantwortliche Pfarrerin Jasmin El-Manhy im Dezember an.

Auf die Ankündigung folgten Unmutsbekundungen und solidarischer Zuspruch für das Café. So formulierte etwa die Nachbarschaftsinitiative »Wir bleiben alle Friedrichshain«, Kritik an dem Entschluss: »Wir als Nachbar*innen wünschen uns einen Kiez, der auch für Menschen in Notlagen ein Herz hat«, heißt es darin. Man appelliere an die Gemeinde der Samariterkirche, weiterhin Räumlichkeiten für ein Nachtcafé mit Notübernachtung zur Verfügung zu stellen. Die Erklärung ist von weiteren Organisationen wie dem »Mieterladen Kreutziger Straße« und dem Verein für Straßensozialarbeit »Gangway« in Friedrichshain unterzeichnet.

Am Dienstagabend nun waren über 40 Menschen einem Diskussionsaufruf gefolgt, bei dem es vor allem darum ging, wie man »Obdach e.V« unterstützen könnte. Drei Mitglieder des Vereins, darunter zwei Vorstandsmitglieder, waren der Einladung gefolgt und schilderten die Bedeutung des Nachtcafés für die Wohnungslosen. »Alle dürfen kommen und auch spätnachts ist noch ein Einlass möglich«, sagt Georg Stein, Mitglied des Vereins. Im Unterschied zu anderen Angeboten für Wohnungslose gebe es beim Nachtcafé weniger strikte Regeln, dafür Möglichkeiten, Wäsche zu waschen und zu duschen.

»Angekündigt wurde uns seit Längerem, dass die Räume umgebaut werden und wir eine Zeit lang rausmüssen. Ende des letzten Jahres hieß es dann aber, dass wir Ende Dezember unser Angebot in der Kirche beenden sollen«, berichten die beiden Vorstandsmitglieder Aurelia C. und Nadine E. Ihnen zufolge habe es auch keine Gesprächsangebote gegeben. Am Ende sind sich alle Besucher*innen der Veranstaltung einig, dass die Kommunikation mit der Gemeinde versucht werden soll. Auch Ideen von Petitionen, Flyern und einer öffentlichen Küche für alle stehen im Raum.

Pfarrerin Yasmin El-Mhany war zwar eingeladen, musste den Termin aber wegen Krankheit absagen, wie sie dem »nd« mitteilte. Sie bekräftigte, dass sich die Gemeinde dafür entschlossen habe, keine Übernachtungen mehr im Gemeindesaal zu erlauben. »Wir sind schweren Herzens zu diesem Entschluss gekommen.« Ein Kompromiss könne für sie darin bestehen, dass vor Ort weiterhin eine Essensausgabe stattfinde.

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