Marco Odermatt: Schweizer König wird Weltmeister in Österreich

Mit seinem Sieg im Super G in Saalbach steigt der 27-Jährige in einen erlauchten Kreis auf

  • Elisabeth Schlammerl, Saalbach-Hinterglemm
  • Lesedauer: 4 Min.
Unwiderstehlich zum WM-Titel: Marco Odermatt auf seiner Siegesfahrt im Super-G
Unwiderstehlich zum WM-Titel: Marco Odermatt auf seiner Siegesfahrt im Super-G

Großartig ist der Blick hier, vom Stuhl des Führenden. Auf die Leinwand ist die Sicht ebenso frei wie auf die Zieldurchfahrt und das traumhafte Panorama. Gut, die Berggipfel im Salzburger Glemmtal dürften Marco Odermatt an diesem Freitag weniger interessiert haben. Aber vielleicht hat der Schweizer auch die Fahrten der Konkurrenz in diesem Super G bei den alpinen Ski-Weltmeisterschaften nur noch aus Höflichkeit und Fairplay verfolgt. Dass jene Zeit, die er vorgelegt hatte, keiner mehr würde knacken können, dürfte auch ihm schnell klar gewesen sein.

»Odermatt«, stellte Adrian Smiseth Sejersted anerkennend fest, »fährt in einer anderen Klasse.« Der Norweger landete in dem ersten Einzelwettbewerb der Männer bei diesen Titelkämpfen hinter Raphael Haaser aus Österreich auf dem dritten Platz. Ein Blick auf die Zeitabstände bestätigt Sejersteds Aussage: Der Sieger aus dem Swiss-Ski-Team war eine Sekunde schneller als Haaser und 1,15 Sekunden als der Drittplatzierte. Nur einmal in der WM-Geschichte hatte der Super-G-Sieger mit einem noch größeren Vorsprung gewonnen. Der Österreicher Stephan Eberharter war 1991, ebenfalls in Saalbach, 1,54 Sekunden schneller als Kjetil Andre Aamodt aus Norwegen gewesen. Sein Lauf, gab der mit der Nummer acht gestartete Odermatt im ORF zu, sei »schon sehr nah« an der Perfektion gewesen. »Solche Tage gibt es nicht viele. Ich habe schon im zweiten, dritten Tor gespürt, dass der Ski macht, was ich will.«

Die deutschen Starter fuhren so gesehen höchstens in der dritten Liga. Der durch eine Fersenprellung gehandicapte Simon Jocher war als 18. mit 2,45 Sekunden Rückstand noch der Beste. Romed Baumann landete vier Plätze dahinter. Und WM-Debütant Luis Vogt stürzte bei der Einfahrt in den Zielhang, kam aber offenbar glimpflich davon. Der Garmisch-Partenkirchner zog sich nach ersten Informationen nur ein paar Prellungen zu, sein Start in der Abfahrt am kommenden Sonntag soll damit nicht gefährdet sein.

Ja, Odermatt war der große Favorit im Super G. Er führt im Weltcup die Wertung in dieser Disziplin an und hat zwei der bisherigen fünf Saisonrennen gewonnen. Aber dass das nicht unbedingt etwas bedeuten muss, hatte der 27-Jährige vor zwei Jahren erfahren müssen. Odermatt hatte vor den Titelkämpfen in Courchevel den Super-G mindestens ebenso klar dominiert wie in diesem Winter, war dann als Vierter aber leer ausgegangen. Er schüttelte sich damals kurz – und gewann dann einfach die nächsten beiden WM-Rennen, die Abfahrt und den Riesenslalom.

Nun gehört der Schweizer Ski-König zum erlauchten Kreis jener Athleten, die bei Titelkämpfen Gold in Abfahrt, Super G und Riesenslalom geholt haben. Gleiches war einst dem österreichischen Ski-Helden Hermann Maier und Bode Miller aus den USA gelungen, davor auch Odermatts Landsmann Pirmin Zurbriggen.

Am vergangenen Mittwoch hatte das Schweizer Team zum Medientermin in das »Swiss Ski-Stübli« geladen, das kurioserweise im »Home of Snow« der Österreicher beheimatet ist. Die beiden Konkurrenten, die sich in liebevoller Abneigung auf dem Schnee bekämpfen, feiern hier Seite an Seite – die Gastgeber sehr großzügig in der ersten Etage, die Schweiz sehr klein im Erdgeschoss. Im Mittelpunkt stand bei diesem Termin selbstverständlich Odermatt. Mit seinem Lausbub-Lächeln moderierte er den Druck weg. »Klar, ich würde auch drei, vier Goldene nehmen. Aber es geht mir vor einer WM nicht um solche Rekorde, das kann nicht der Fokus sein«, sagte er. Für ihn habe jede WM eine spezielle Geschichte. »Nach Courchevel, wo ich Gold holen musste, und vor Crans Montana in der Heimat ist Saalbach eine, die ich genießen kann.«

Nach seinem Triumph am Freitag verriet der Olympiasieger, dreimalige Gesamtweltcup-Gewinner und nun auch dreimalige Weltmeister, dass er am Start »lockerer als bei vielen Weltcup-Rennen in dieser Saison« gewesen sei. »Ich spüre keinen Druck mehr. Wenn ein Rennen nicht funktioniert, geht die Welt auch nicht unter. Ich habe ja schon so viel gewonnen«, sagte Odermatt. Fast alles, um genau zu sein.

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