Ukraine-Krieg: Gefechte in der Ostukraine wieder heftiger

Russen rücken im Donbass weiter vor und beschießen auch die Westukraine

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Nach einem Abflauen der Kämpfe in der Ostukraine über mehrere Tage greifen russische Truppen wieder heftiger an.
Nach einem Abflauen der Kämpfe in der Ostukraine über mehrere Tage greifen russische Truppen wieder heftiger an.

Kiew. Die Angriffe russischer Truppen in der Ostukraine werden nach Angaben des ukrainischen Militärs nach einigen Tagen Pause wieder heftiger. Der Generalstab in Kiew verzeichnete für Samstag 125 russische Sturmangriffe, nachdem die Zahl in den Tagen zuvor bei etwa 80 Angriffen gelegen hatte. Schwerpunkt der Angriffe mit mehr als 50 einzelnen Attacken waren die Stadt Pokrowsk im Gebiet Donezk und die umliegenden Ortschaften.

Die Bergbaustadt Pokrowsk, die vor dem Krieg etwa 60 000 Einwohner hatte, ist seit Monaten umkämpft. Allerdings verlegten sich die Russen darauf, die Stadt nicht direkt einzunehmen, sondern südlich an ihr vorbei vorzustoßen.

Russische Armee rückt weiter vor

Daten des Open-Source-Projektes Deep State zeigen, dass die Russen auch bei Kurachowe an den Flanken weiter vordringen. Die Verteidigung von Awdijiwka stehe kurz vor dem Zusammenbruch, die Russen seien bereits im Ort, zitiert das Nachrichtenportal »Strana« einen ukrainischen Soldaten. In den vergangenen Tagen geriet erstmals auch das Gebiet Dnipropetrowsk in Reichweite russischer Artillerie. Moskaus Truppen griffen Orte im Gebiet mit Drohnen an. Auch im Gebiet Charkiw rückten russische Soldaten zuletzt vor.

Die genannten Zahlen des Generalstabs zu den Gefechten sind nicht im Detail nachprüfbar. Sie zeichnen aber die Ab- und Zunahme der Kämpfe nach. Bei dem zwischenzeitlichen Abflauen hatten Militärbeobachter gerätselt, ob die seit Herbst 2023 andauernde russische Offensive sich erschöpft hat oder ob es nur um eine Pause ging. Im Dezember hatte es täglich bis zu knapp 300 Gefechte gegeben.

Drohnenangriffe in der Westukraine

In der Nacht auf Sonntag herrschte in dem osteuropäischen Land wieder Luftalarm bis weit in den Westen hinein. Die ukrainische Luftwaffe ortete nach eigenen Angaben 151 russische Kampfdrohnen am Himmel – etwa bei Luzk im Nordwesten des Landes, weniger als 100 Kilometer entfernt von der polnischen Grenze. Der regionale Telegramkanal des Fernsehsenders Suspilne berichtete dort von Explosionsgeräuschen.

Die Kämpfe gingen auch im russischen Grenzgebiet Kursk weiter, wo die ukrainische Armee seit sechs Monaten einen Brückenkopf besetzt hält. Nach einer Pause seit Mitte Januar beobachteten ukrainische Truppen dort wieder einen Einsatz nordkoreanischer Soldaten, die auf russischer Seite kämpfen.

Oberbefehlshaber Syrskyj ein Jahr im Amt

In einem Jahr unter seinem Befehl habe die ukrainische Armee ihre Fähigkeit zu Angriffen bis weit hinein nach Russland ausgebaut, schrieb der ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj auf Facebook. Er war am 8. Februar 2024 zum Nachfolger von Walerij Saluschnyj ernannt worden. Ukrainische Kampfdrohnen könnten nun bis zu 1700 Kilometer weit angreifen. Syrskyj ließ Niederlagen wie den Verlust der Stadt Awdijiwka bei Donezk Revue passieren, würdigte aber auch das Vordringen seiner Truppen nach Russland.

Die öffentliche Meinung über Syrskyj geht derweil auseinander. Aus der Armee kommt Lob für die Fähigkeit, trotz Mangels an Munition und Männern weiterzukämpfen. Kritiker wie der Chefredakteur des Portals Zensor.net, Jurij Butusow, werfen Syrskyj eine »blutige Verteidigung« vor. Er soll sich weigern, Einheiten, die Gefahr laufen, eingekesselt zu werden, abzuziehen. Zudem soll sich der Armeechef in Kleinigkeiten verfangen und die Gesamtsituation nicht im Blick haben. Auch die gescheiterte Aufstellung neuer Brigaden wird ihm angelastet. dpa/nd

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