Aus für Abschiebe-Insel in der Oder

Innenministerin Katrin Lange (SPD) sagt umstrittenes Ausreisezentrum für Flüchtlinge in Küstrin-Kietz ab

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.
Innenministerin Katrin Lange am Donnerstag auf der Oderinsel von Küstrin-Kietz
Innenministerin Katrin Lange am Donnerstag auf der Oderinsel von Küstrin-Kietz

Aus dem umstrittenen Ausreisezentrum an der polnischen Grenze in Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland) wird nun doch nichts. Es werde dort kein Ausreisezentrum auf einer Insel in der Oder entstehen, sagte Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD) am Donnerstag nach einer Beratung mit Landrat Gernot Schmidt (SPD).

Der frühere Innenminister Michael Stübgen (CDU) wollte am Rande einer halb verfallenen sowjetischen Garnison in einem eng abgezirkelten Bereich ein Containerdorf für 200bis 250 Flüchtlinge ohne Bleiberecht einrichten – für Menschen also, die der Staat abschieben möchte und denen das Leben hier offensichtlich so schwer gemacht werden sollte, dass sie lieber gleich freiwillig gehen.

»Ich habe dieses Projekt von meinem Amtsvorgänger quasi geerbt, aber ich habe seit meinem Amtsantritt aus meiner Skepsis keinen Hehl gemacht«, erklärte Ministerin Lange nun. »Ich wollte mich aber auch vor Ort noch einmal selbst informieren und mit den Betroffenen austauschen. Im Ergebnis sehe ich meine bisherige Skepsis bestätigt. Eine solche Einrichtung passt hier nicht hin. Mich überzeugen weder die bisherigen Planungen noch der vorgesehene Standort.« Küstrin-Kietz sei für ein solches Ausreisezentrum von der Lage und den infrastrukturellen Voraussetzungen her schlicht ungeeignet. »Die Aufgabe muss zwar wahrgenommen werden, aber wir werden dafür einen anderen Standort im Land finden, der besser geeignet ist«, kündigt die Ministerin an.

In Küstrin-Kietz wurde das Projekt einhellig abgelehnt. Der größere Teil der Bevölkerung hatte zwar gegen Abschiebungen grundsätzlich überhaupt nichts einzuwenden, war allerdings nicht damit einverstanden, dass Flüchtlinge vorher bei ihnen im Ort konzentriert werden. Sie fürchteten, von ihnen beklaut oder vergewaltigt zu werden. Das wurde ganz offen so gesagt. Andere Einwohner wie Ortsvorsteher Wolfgang Henschel (parteilos) lehnten die Abschiebe-Insel aus humanitären Gründen ab, weil dort keine menschenwürdige Unterbringung zu machen sei.

Mitte Juni 2024 kam Brandenburgs Integrationsbeauftragte Diana Gonzalez Olivo vorbei und stärkte Wolfgang Henschel den Rücken. »Das Recht auf Asyl darf nicht relativiert oder infrage gestellt werden«, forderte sie. Gonzalez Olivo wollte anders als Innenministerin Lange gar keine Ausreisezentren – weder hier noch anderswo.

Derweil will Lange am Montag eine Vereinbarung mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser unterzeichnen. Geplant ist, Flüchtlinge in den Staat zurückzuschicken, in dem sie zuerst den Boden der EU betraten. Die Überstellung soll via Eisenhüttenstadt erfolgen.

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