Trumps Oligarchie

In den USA werden Behörden systematisch den Konzernchefs überlassen

  • Max Böhnel
  • Lesedauer: 4 Min.
Bei den Superreichen herrscht beste Stimmung, seit sie sich beim Staat selbst bedienen können: US-Präsident Donald Trump und Tesla-Chef Elon Musk mitsamt Nachwuchs.
Bei den Superreichen herrscht beste Stimmung, seit sie sich beim Staat selbst bedienen können: US-Präsident Donald Trump und Tesla-Chef Elon Musk mitsamt Nachwuchs.

Hinter der wachsenden Empörung über den autoritären Staatsumbau, der von »Trusk« (Trump plus Musk) betrieben wird, vollzieht sich fast lautlos ein weiterer undemokratischer Prozess: die Oligarchisierung.

Ex-Präsident Joe Biden hatte in seiner Abschiedsrede vor dieser Entwicklung gewarnt. Aber dass Autoritarismus und Oligarchie direkt zusammenhängen, ja einander bedingen, darauf wies erst diese Woche der demokratische Sozialist Bernie Sanders in einer Rede vor dem Washingtoner Senat hin. Eine »Regierung von Milliardären, durch Milliardäre und für Milliardäre« drohe, die Gefahr bestehe nicht nur im autoritären Schub, sondern auch in einer Oligarchie, in der »die drei Reichsten in Amerika über mehr Wohlstand verfügen als 170 Millionen Menschen in der unteren Hälfte«. Und: »Immer mehr Macht ruht in immer wenigen Händen«.

Das Bild von Trumps Amtseinführung am 20. Januar ging um die Welt: Tech-Mogule, die reichsten Männer der Welt – Freundinnen und Ehefrauen an ihrer Seite – waren direkt hinter Trump platziert. Einem Sonnenkönig gleich lächelte der in die Kameras, direkt hinter ihm Meta-Chef Zuckerberg, Amazon-CEO Bezos, Google-CEO Pichai, natürlich Musk und weitere Milliardäre. Diese Woche rechnete Bernie Sanders im Senat vor: »Herr Musk ist 402 Milliarden Dollar wert, Herr Zuckerberg 252 Milliarden und Herr Bezos 249 Milliarden.« Das sind zusammen 903 Milliarden Dollar.

Trump mochte aus reinem Narzissmus heraus beschlossen haben, statt wie bis dato üblich den Vorgängerpräsidenten und Ehrengästen die erste Reihe zu überlassen, den Geldsäcken VIP-Vorrang einzuräumen. Das Bild vermittelt jedoch einen Eindruck vom gegenwärtigen Herrschaftssystem der USA. Wie es dazu kam, hatte Trump jedenfalls schon vor Wochen auf seine Art treffsicher ausgedrückt. In seiner ersten Amtszeit »kämpfte jeder gegen mich«, sagte Trump, aber »jetzt will jeder mein Freund sein«.

Musk ist seit Trumps Wahlsieg um 170 Milliarden Dollar reicher geworden.

Besonders dramatisch ist, dass Trump offenbar plant, den Oligarchen die Schlüssel zur staatlichen Bürokratie zu überlassen. Zumindest für Musk und sein »Department of Government Efficiency« (DOGE) trifft dies auf jeden Fall zu. Ein Bundesrichter stoppte zwar »vorübergehend« den Zugang von DOGE zu den Computersystemen im Finanzministerium, das Gelder an staatliche Regierungen, Institutionen und Bürger auszahlt. Zudem wurde DOGE aufgefordert, die bereits abgegriffenen Daten zu löschen. Doch aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie längst von Musks DOGE-Experten, die Berichten zufolge mit KI herumfingerten, verschlüsselt und für den späteren Gebrauch versteckt worden.

Wie weit fortgeschritten der Datenklau bei anderen Bundesbehörden ist, ist unklar. Vermutet wird jedenfalls, dass DOGE KI auch deshalb installiert hat, um innerbehördliche, Trump-feindliche Kommunikation zu identifizieren und sie Personen zuzuordnen, um schließlich Kündigungsgründe vorlegen zu können und Widerstand im Keim zu ersticken.

Auch ein Blick auf die zweite Reihe derjenigen, die Trump, dem neuen Regime und damit auch sich selbst am 20. Januar applaudierten, lohnt sich. Denn dort saß am 20. Januar das von Trump nominierte Personal, das nun die höchsten politischen und diplomatischen Posten besetzt. Jeder und jede einzelne dieser eher unbekannten Trump-Loyalisten vereint gewaltigen Reichtum und ökonomische Macht auf sich. Die Zeitung US Today schätzte ihr Vermögen zusammengenommen auf rund 400 Milliarden Dollar.

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Handelsminister Lutnick, Nahost-Sonderbeauftragter Witkoff, Innenminister Burgum, der designierte Chef der Raumfahrtbehörde NASA Isaacman – sie alle verfügen über Vermögen in Höhe von jeweils einer Milliarde Dollar. Linda McMahon, die das Bildungsministerium leiten – und abwickeln – soll, besitzt drei Milliarden. Über das Vermögen von Finanzminister Scott Bessent, der mehrere Hedgefonds gründete, darunter auch einen im Auftrag des demokratennahen George Soros, gibt es keine eindeutigen Aussagen. Schätzungen zufolge bewegt es sich im unteren zweistelligen Milliardenbereich. Jedenfalls war es Bessent, der den DOGE-Leuten höchstpersönlich Zugang zu den Zahlungssystemen im Ministeriumsgebäude verschaffte.

Entscheidend für den Oligarchisierungsschub war 2010 das Urteil »Citizens United«, mit dem das Oberste Gericht die Finanzierungsbeschränkungen für Wahlkämpfe aufhob. Unternehmen und Banken verfügten über dieselben Rechte wie natürliche Personen, hieß es im Urteil, jede Spendenbegrenzung beschneide außerdem das Recht auf freie Meinungsäußerung. Progressive Abgeordnete protestieren seitdem regelmäßig gegen das Urteil. »Ein Milliardär kaufte sich mit Millionen einen Sitz als Schattenpräsident«, hieß es diese Woche in einer Gesetzesinitiative der demokratischen Abgeordneten Pramila Jayapal.

Sicher ist, dass Musk seit Trumps Wahlsieg um 170 Milliarden Dollar reicher geworden ist, seine Unternehmen zahlreiche neue Regierungsaufträge erhielten und er sich als Leiter des DOGE an den Daten der amerikanischen Bevölkerung bedienen darf. Die anderen Oligarchen von Trumps Gnaden werden es ihrem Vorbild gleichtun wollen.

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