BSW will Bundeswehr-Werbung an Bussen unterbinden

Anträge nach Zwickauer Vorbild in den Berliner Bezirken Lichtenberg und Tempelhof-Schöneberg

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
»Im Einsatz für den Frieden«: Irreführende Werbung der Bundeswehr im Jahr 2011 in Berlin
»Im Einsatz für den Frieden«: Irreführende Werbung der Bundeswehr im Jahr 2011 in Berlin

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) strebt an, dass an Haltestellen sowie Fahrzeugen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) keine Werbung für die Bundeswehr gemacht wird. Dazu bestehende Verträge sollen nicht verlängert beziehungsweise gekündigt werden. Darüber hinaus soll Werbung der Bundeswehr bei Veranstaltungen des Landes und der Bezirke nicht mehr erlaubt sein und auch auf solche Werbung an ihren Liegenschaften verzichtet werden.

Dafür soll sich der Bezirk Tempelhof-Schöneberg bei der Senatsverwaltung einsetzten, heißt es in einem Antrag, den die BSW-Bezirksverordneten Martin Rutsch und Christine Scherzinger gestellt haben. »Die Menschen zum Krieg zu verführen ist nicht im Sinne einer friedlichen Gesellschaft, sondern nur im Sinne derer, die den Frieden lediglich auf Friedhöfen suchen«, begründet Rutsch den Vorstoß. Diesen Mittwoch steht der Antrag auf der Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung im Schöneberger Rathaus.

Einen gleichlautenden Antrag hat die BSW-Fraktion im Bezirk Lichtenberg gestellt. Ihr Vorsitzender Norman Wolf sagt: »In einer Zeit, in der die herrschende Politik die Gesellschaft auf Krieg einschwört und den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr in den Hintergrund drängt, dient die Bundeswehr-Werbung nicht dem Friedenserhalt, sondern der Kriegsertüchtigung.«

Vorbild für den Vorstoß ist ein auf Initiative der BSW-Fraktion im sächsischen Zwickau am 30. Januar beschlossenes Werbeverbot. In Zwickau ist eine Straßenbahn mit dem Tarnfleckmuster und einer Telefonnummer versehen. Diese Nummer soll anrufen, wer sich über eine Karriere bei der Bundeswehr informieren lassen möchte.

Die Werbung sei »irreführend«, sagte BSW-Fraktionschef Bernd Rudolph am 30. Januar im Zwickauer Stadtrat. Der Krieg sei kein Videospiel. Das Handwerk des Soldaten sei das Töten und das Schicksal des Soldaten das Sterben. Rudolph beklagte »eine lange nicht erlebte Militarisierung in unserem Land« und nannte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) »Kriegsminister«.

Zwei Linke gibt es im Stadtrat von Zwickau: Ute Brückner und René Hahn. Die haben sich am 30. Januar der Stimme enthalten, und Brückner will dies erneut tun, wenn der BSW-Antrag am 27. Februar im Stadtrat zum zweiten Mal beraten und abgestimmt wird. Denn Oberbürgermeisterin Constance Arndt (parteilos) legte Widerspruch gegen den ersten Beschluss ein. Er sei rechtswidrig und nachteilig für die Stadt. Es würden nicht nur Einnahmen durch das Vermieten von Werbeflächen verlustig geben, es würde auch dem Ansehen von Zwickau schaden.

Ute Brückner von der Linken befindet sich im »Zwiespalt«. Sie sei pazifistisch eingestellt, sagt sie. Es habe ihr als Lehrerin in der DDR nicht gefallen, dass sie Schüler überreden sollte, sich als Berufssoldat zu verpflichten. Würde heute ein Offizier bei ihr im Unterricht für die Bundeswehr werben wollen, würde sie das ablehnen, versichert Brückner. Dem BSW-Antrag hätte sie im Prinzip durchaus zustimmen können, sagt sie. Getan hat sie es unter anderem deshalb nicht, weil absehbar gewesen sei, dass der Beschluss mit den Stimmen der AfD zustande kommen würde – und auf die habe das BSW spekuliert. Brückner nennt das BSW »scheinheilig«. Wenn diese Partei gegen Aufrüstung sei, solle sie in Görlitz dagegen sein, dass der KNDS-Konzern den Waggonbau übernimmt und dort künftig Teile für Panzer fertigt, sagt Brückner. Eine Kundgebung des BSW hat es vor dem Werk indessen durchaus gegeben.

In Brandenburg steht im Koalitionsvertrag von SPD und BSW ein Bekenntnis zur Bundeswehr und zum Fliegerhorst Holzdorf. Überraschend ist das nicht. Im BSW-Parteiprogramm steht zwar: »Wir streben eine neue Ära der Entspannung und neue Verträge über Abrüstung und gemeinsame Sicherheit an.« Aber auch: »Die Bundeswehr hat den Auftrag, unser Land zu verteidigen. Für diese Aufgabe muss sie angemessen ausgerüstet sein.«

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