Universität Potsdam: Kündigung von Asta-Beschäftigtem unwirksam

Der Allgemeine Studierenden-Ausschuss der Universität Potsdam und ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
In einem Hörsaal der Universität Potsdam
In einem Hörsaal der Universität Potsdam

Für Rechtsanwalt Jörg Schindler kam das völlig überraschend. Am 13. Februar ist zu einem Arbeitsgerichtstermin in Potsdam die Anwältin des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (Asta) der Universität Potsdam nicht erscheinen. Ende 2024 kündigte der Asta der Mehrzahl seiner Beschäftigten. Anwalt Schindler vertritt eine ganze Reihe der Betroffenen, für die er Kündigungsschutzklagen einreichte.

Vor Gericht wird zunächst ausgelotet, ob eine gütliche Einigung möglich ist. Scheitern Gespräche etwa über eine Abfindung, wird ein neuer Termin angesetzt und ein Urteil gefällt. Am 13. Februar war der Fall eines 31-jährigen IT-Fachmanns dran. Schindler hätte erwartet, dass es wie in allen anderen Fällen vorher zu keiner Einigung kommt. Dass die Gegenseite einfach nicht auftaucht, habe er nicht gedacht, gesteht Schindler.

Das Nichterscheinen hat Folgen. Wie Gerichtsdirektor Toralf Engelbrecht bestätigt, wurde ein Versäumnisurteil erlassen. »Da die Arbeitsgerichte noch eine Papierakte führen und diese mir im konkreten Fall nicht vorliegt, kann ich keine weiteren Details zum Sachverhalt benennen«, bedauert er. Der IT-Fachmann selbst erklärt, ihm sei am 29. November gekündigt worden. Seine Kündigungsfrist wäre Ende Februar abgelaufen. Wie es jetzt aussieht, könne er nun weiterarbeiten wie bisher. Allerdings habe der Asta zwei Wochen Zeit, Widerspruch gegen das Versäumnisurteil einzulegen – noch bis zum 27. Februar.

Bisweilen nutzen Anwälte eine »Flucht in die Säumnis«, damit sie Zeit gewinnen, noch etwas zu ermitteln, erläutert Jörg Schindler. Ob hier so ein Fall vorliegt, könnte er nur mutmaßen. »Dass Anwälte einen Termin aus Versehen verpassen, kommt in der Regel nicht vor.«

Das Gerücht, die überraschende Wendung habe ihre Ursache im angekündigten Rückzug von Leo Radloff und Maurice Heilmann aus dem Asta-Vorstand, ist vorerst nichts als bloß ein Gerücht. Schindler hat keine Kenntnis, dass sich alle Kündigungen dadurch erledigt haben könnten.

Radloff und Heilmann wollen noch auf dem Posten bleiben und bis April einen geordneten Übergang organisieren. Laut »Berliner Zeitung« begründete Radloff seinen Rücktritt mit einer »beispiellosen Hetzkampagne«, die bis hin zu Morddrohungen geführt habe. Den Vorwurf einer Hetzkampagne machte Radloff der Initiative »Asta retten«. Diese hatte zu einer Protestdemonstration mit 600 Teilnehmern aufgerufen und auch eine Dokumentation veröffentlicht, derzufolge es sich nicht nur um einen arbeitsrechtlichen Konflikt handele. Stattdessen werde ein rechter Kulturkampf gegen linke Einrichtungen geführt.

Dagegen hatte Asta-Referent Danylo Poliluev-Schmidt beteuert, die Kündigungen seien nicht ideologisch motiviert. »Einige Mitarbeitende des Asta haben über Jahre hinweg mutmaßlich Arbeitszeitbetrug begangen und auf Kosten der Studierendenschaft gelebt.« Auch gebe es Hinweise, dass Spenden veruntreut wurden.

Die Initiative »Asta retten« reagierte auf den Anfang Februar angekündigten Rücktritt umgehend mit der Bemerkung, der angerichtete Schaden sei nicht behoben. Das studentische Kulturzentrum zum Beispiel sei wegen der Kündigungen nur eingeschränkt handlungsfähig. »Wir machen weiter, bis der Asta gerettet ist – im Zweifel vor sich selbst.«

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