FIS-Direktorin Spitz: »Norweger feiern in einem anderen Stil«

Die Event- und Sport-Direktorin des Internationalen Skiverbands zieht eine erste Zwischenbilanz der WM

  • Interview: Lars Becker
  • Lesedauer: 5 Min.
Trotz teilweise durchwachsenem Wetter sind über 210 000 Fans bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Trondheim dabei.
Trotz teilweise durchwachsenem Wetter sind über 210 000 Fans bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Trondheim dabei.

Regen, Schnee und viele Zuschauer sehen wir bei dieser Weltmeisterschaft in Trondheim. Wie zufrieden ist der Welt-Skiverband FIS bisher mit der WM?

Ich denke, man kann hier von einer sehr, sehr schönen WM reden. Sicherlich hat das Organisationskomitee ein bisschen Pech mit dem Wetter und leider nicht das Glück wie bei der Alpinen WM in Saalbach. Aber was wir hier sehen, ist wirklich ein Showcase des nordischen Skisports. Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir diese Plattform den Athleten zusammen mit dem nationalen Organisationskomitee bieten können.

Über 210000 Tickets wurden insgesamt für die Nordische Ski-WM verkauft, die Begeisterung ist unglaublich

Ich war seit 2003 bei jeder Nordischen Ski-WM. Bei der WM in Oslo 2011 war auch eine supertolle Stimmung. Aber der Samstag hier in Trondheim mit dem Skiathlon der Männer, das war unglaublich und berührend. Natürlich hat jede WM ihren eigenen Charakter und die soll sie auch haben. Aber die Norweger feiern in einem anderen Stil. Ein Kollege hat gesagt: Die WM in Trondheim ist noch mal was ganz anderes als Oslo, weil in Trondheim stehen die Menschen auch acht Stunden im Regen draußen, während sie in Oslo nach zwei Stunden reingehen. Wir erleben hier ein Fest des nordischen Skisports.

Das WM-Programm von Trondheim mit einer Rekordzahl von Entscheidungen plus den Para-Wettbewerben wirkt sehr voll...

Die Entscheidung treffen das FIS-Council und unser Kongress. Aber natürlich sehen wir, dass wir mit 25 Medaillenbewerben plus dem Para-Skilanglauf am Limit sind. Wenn das Wetter wie hier jetzt nicht optimal ist, gibt es keinen großen Spielraum mehr. Ich glaube, wir können in zehn WM-Tagen nicht viel mehr hinzufügen. Dann verlieren wir an Qualität.

Könnte es Veränderungen in den Wettbewerben geben? Der Trend geht auch hin zu schnelleren Formaten wie dem Sprint und zu geringeren Teamstärken in den Mannschafts-Wettbewerben.

Der Trend kommt daher, dass man die Universalität und Diversität der Nationen fördern will. Es ist natürlich einfacher für eine kleine Nation, zwei Leute statt vier Leute zu finden, die schnell sind oder weit springen. Wir wollen möglichst vielen Leuten den Zugang zum Sport gewähren. Das ist uns sehr wichtig. Ich glaube, da kommen wir mit unseren neueren Formaten den Nationen entgegen, die nicht so stark in der Breite sind.

Interview

Sandra Spitz kommt aus Schonach im Schwarzwald und begann 2005 als Medienkoordinatorin für den Skilanglauf beim Internationalen Skiverband FIS. Seit Januar 2023 ist sie Sport- und Event-Direktorin beim Weltverband.

Soll es 2027 auch wieder die Para-Skilanglauf-Entscheidungen geben, die ja in Trondheim ihre Premiere im Rahmen der Nordischen Ski-WM gefeiert haben?

Ich muss ehrlich gestehen, dass wir noch keinen fixen Plan dafür haben. Wir wollten hier diese Entscheidung in Trondheim abwarten und unsere Lehren daraus ziehen. Dann werden wir zusammen mit dem Organisationskomitee Falun einen Plan erarbeiten, wie wir Inklusion dort 2027 leben können. Inklusion muss nicht heißen, dass es dasselbe Konzept wie in Trondheim sein wird. Falun hat ein anderes Stadion, hat andere Rahmenbedingungen. Wir werden das mit der Para-Seite, den nicht behinderten Sportlern, dem OK-Falun und dem Rechteinhaber besprechen und dann die Entscheidung treffen.

Was sind dabei Ihre Prioritäten?

Wir wollen Inklusion vorantreiben. Aber es muss stabil für alle sein – die Situation mit dem Wetter in Trondheim zeigt Probleme in Sachen Ausweichmöglichkeiten auf. Es darf dabei keine Seite verlieren. Wir müssen garantieren, dass wir gute, faire Wettkämpfe für alle anbieten.

Geht es denn auch im Weltcup in die Richtung, dass dort mal Para-Wettbewerbe inkludiert werden könnten?

Direkt im Weltcup-Programm sehen wir das im Moment noch nicht, aber wir sprechen natürlich mit den Organisatoren, wie wir das miteinander verknüpfen können. Es gibt bereits große Weltcup-Veranstalter die Para-Events durchführen: zum Beispiel Courchevel und St. Moritz bei den Alpinen oder Toblach im nordischen Skisport. Noch mal zurück zur WM: Es hat ja einen Grund, warum die Paralympischen Spiele nicht direkt mit den Olympischen Spielen zusammen sind. Es wird sonst einfach zu viel und man wird auch nicht den beteiligten Personen gerecht. Hier müssen wir noch das passende Konzept finden und da sind wir noch in den Kinderschuhen, weil Para auch noch nicht seit 100 Jahren bei der FIS ist. Wir sind Newcomer und müssen lernen. Aber wir wollen so schnell wie möglich lernen.

Gefährdet der Klimawandel das »Geschäftsmodell« der FIS mit den Weltcups und großen Titelkämpfen?

Ich denke, nicht in den nächsten zehn Jahren, das ist meine persönliche Meinung. Aber natürlich werden wir in einer dynamischen Situation dynamisch arbeiten müssen. Wir haben Formate, die schon darauf angepasst sind. Nehmen wir auch das Skispringen, wo wir jetzt schon Events haben, die hybrid mit einer Keramik-Anlaufspur und Schnee im Aufsprunghang stattfinden. Das könnte man in anderen Disziplinen auch spielen. In der Nordischen Kombination gibt es kürzere Langlaufrunden, das spart Schnee. Wir sind auch sehr weit mit all unseren Ressourcenpartnern im Bereich der Entwicklung von Snow Storage. Wir müssen einfach up to date bleiben, um den Skisport zu erhalten.

Trotz teilweise durchwachsenem Wetter sind über 210 000 Fans bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Trondheim dabei.
Trotz teilweise durchwachsenem Wetter sind über 210 000 Fans bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Trondheim dabei.
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