Milliardenvermögen überwiegend in Männerhand

Oxfam-Studie zur Vermögensverteilung in Deutschland

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Die Gesetze, die für diese Dokumente gelten, sind schon ein Teil des Gerechtigkeitsproblems.
Die Gesetze, die für diese Dokumente gelten, sind schon ein Teil des Gerechtigkeitsproblems.

Berlin. Die Nichtregierungsorganisationen Oxfam Deutschland und das Netzwerk Steuergerechtigkeit haben in einer gemeinsamen Studie zum ersten Mal die Verteilung von Milliardenvermögen unter den Geschlechtern untersucht. Demnach befinden sich 71 Prozent der deutschen Milliardenvermögen in Männerhand, 29 Prozent gehören Frauen. Vor allem die fehlende Besteuerung benachteilige Frauen – Männer hingegen profitierten überproportional. Um das grundsätzlich zu ändern, sei die Abschaffung von Steuervergünstigungen und eine Milliardärssteuer nötig.

An der Auswertung der Daten zu den Vermögensverhältnissen und Vererbungspraktiken von Milliardenvermögen war Andreas Bornefeld beteiligt, der unter anderem Autor bei der sogenannten Reichenliste des »Manager-Magazins« ist. Unter die Lupe genommen wurden alle 249 deutschen Vermögen über eine Milliarde Euro, die das Magazin 2024 gelistet hatte. Diese beruhen vor allem auf unternehmerischen Vermögen. Auch öffentlich zugängliche Daten wie die aus Registern sowie aus Geschäftsberichten wurden in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse etwa bei Gesellschaften herangezogen. Für 181 der 249 Milliardenvermögen lagen ausreichende Informationen vor. Insgesamt geht es hier um einen Betrag von 694,6 Milliarden Euro.

Männer bei Erbschaften und Unternehmsnachfolge bevorzugt

Die Studie zeigt im Einzelnen, dass die ungleiche Verteilung von Vermögen zwischen den Geschlechtern mit zunehmendem Reichtum immer weiter zunimmt. Frauen besitzen aktuell etwa 43 Prozent des gesamten Nettovermögens, vom deutschen Milliardenvermögen gehören ihnen aber nur 29 Prozent. Das verwundert unter anderem deshalb nicht, weil bei rund zehn Prozent im Bereich der größten Vermögen ab einer Milliarde Euro bei deren Übertragung die jüngeren Männer gegenüber weiblichem Nachwuchs bevorzugt wurden. Bei den genauer betrachteten Vermögen wurde in keinem Fall eine Frau mit einem höheren Unternehmensanteil versehen als ein männlicher Nachkomme.

Frauen erhalten nicht nur seltener große Erbschaften und Schenkungen, sie haben rein statistisch gesehen ohnehin schon geringere Einkommen und Vermögen als Männer. In diesem Zusammenhang werden sie auch steuerlich benachteiligt: Männer erben eher Unternehmensvermögen, wo erhebliche Steuervergünstigungen gelten.

Der Equal-Pay-Day, ein jährlicher Aktionstag für Entgeltgleichheit, der in Deutschland auch 2025 am 7. März begangen wird, sollte laut Pia Schwertner, Referentin für Geschlechtergleichheit bei Oxfam Deutschland, durch einen Blick auf die Unterschiede bei den großen Vermögen ergänzt werden: »Die hohen Milliardenvermögen in den Händen weniger Männer gehen einher mit großer politischer und gesellschaftlicher Gestaltungsmacht.« Diese Machtkonzentration führe auch dazu, dass sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern insgesamt verfestigt, meint Schwertner – und sei zugleich ein Problem für die Demokratie.

Ausnahmen für Erbschaftssteuer auf große Vermögen abschaffen

Mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen fordern Oxfam Deutschland und das Netzwerk Steuergerechtigkeit verschiedene Maßnahmen für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Ausnahmen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer sollten bei großen Vermögen abgeschafft werden. Die so gewonnenen Mittel sollten dem Ausbau der sozialen Infrastruktur gewidmet werden. Hier ginge es vor allem um Kinderbetreuung und Pflege – von entsprechenden Einrichtungen profitierten vor allem Frauen. Außerdem könnten mit den zusätzlichen Mitteln Kürzungen in der Entwicklungspolitik vermieden und damit auch globale Geschlechterungleichheiten abgebaut werden. nd

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