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Kulturkampf an den Schulen

Die US-Regierung setzt zunehmend auf patriotische Werte an den Schulen und Universitäten

US-Präsident Donald Trump (l.) spricht vor der Unterzeichnung eines Dekrets, das Transgender-Personen verbieten soll, am weiblichen Schul- und College-Sport teilzunehmen.
US-Präsident Donald Trump (l.) spricht vor der Unterzeichnung eines Dekrets, das Transgender-Personen verbieten soll, am weiblichen Schul- und College-Sport teilzunehmen.

Das US-Bildungsministerium hat den Schulen und Universitäten im Februar ein Ultimatum gesetzt. Initiativen, die eine Diversität fördern, sollen innerhalb von 14 Tagen beendet werden. Andernfalls droht ihnen ein Verlust von Geldern. Diese weitreichende Forderung könnte einschneidende Auswirkungen für Bildungseinrichtungen haben. So könnten sie den Einsatz für Vielfalt bei den Zulassungsbüros der Universitäten hintertreiben, Feiern für Angehörige bestimmter Ethnien verbieten oder die bevorzugte Einstellung von Lehrern aus unterrepräsentierten Gruppen unterbinden.

Das Bildungsministerium will mit der Anweisung eine angeblich grassierende Diskriminierung beenden, die sich oft gegen weiße und asiatische Menschen richte. »Schulen haben unter dem Vorwand gearbeitet, dass die Auswahl von Schülern auf der Grundlage von ›Vielfalt‹ oder ähnlichen Euphemismen« keine Auswahl aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit sei, sagte Craig Trainor, stellvertretender Staatssekretär für Bürgerrechte. »Das ist vorbei. Schüler sollten nach Verdienst, Leistung und Charakter beurteilt werden.«

Streng und elitär soll es künftig an den Schulen zugehen. Die Trump-Regierung und viele republikanisch regierte Bundesstaaten versteifen sich darauf, die vermittelten Werte in den Schulen mit konservativen Prinzipien in Einklang zu bringen. Dagegen bleiben wichtige Themen wie niedrige Lehrergehälter, das schlechte Abschneiden bei internationalen Leistungsstudien oder die wachsende Chancenungleichheit liegen.

Schon im Wahlkampf hatten sich die Republikaner darüber beschwert, dass Schulen ihre Kinder und Jugendlichen mit unpassenden Unterrichtsmaterialien versorgten. Auch hier greift Trump jetzt durch. Mit einem Dekret hat er im Januar angewiesen, Bücher aus den Schulen zu verbannen, die sexuelle Freizügigkeiten beinhalten, unchristlich seien, Rassismus thematisieren oder eine Gender-Ideologie verfolgen. »Unschuldige Kinder werden gezwungen, sich allein aufgrund ihrer Hautfarbe und anderer (...) Merkmale entweder als Opfer oder als Unterdrücker zu identifizieren«, heißt es darin. Damit schürt der Präsident einen Kulturkampf an den Einrichtungen.

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Pentagon-Schulen, die Kinder von Mitarbeitenden des US-Militärs unterrichten, haben schon im Februar damit begonnen, Literatur aus den Bibliotheken zu entfernen. Unter die verbannten Bücher fallen beispielsweise »No Truth without Ruth«, eine illustrierte Biografie der populären Richterin Ruth Bader Ginsburg (1933–2020), oder das Kinderbuch »Freckleface Strawberry« von Julienne Moore, das die Geschichte eines Mädchens erzählt, das seine Sommersprossen akzeptieren lernt.

Das Dekret ist allerdings vage formuliert. Oft ist nicht klar, welche Bücher aus den Schulen entfernt werden sollen. Aber insgesamt wird sich der Kanon der Schullektüre weiter verkleinern. Der US-amerikanische Autorenverband PEN America berichtet nämlich, dass bereits im vorigen Schuljahr mehr als 10 000 Bücher entfernt wurden.

An Schulen, Universitäten und Behörden herrscht inzwischen eine große Verunsicherung. Immer häufiger steht nämlich die Drohung im Raum, dass Einrichtungen, die gegen die Anweisungen aus dem Weißen Haus verstoßen, den Zugang zu Bundesmitteln verlieren. »Jegliche staatliche Finanzierung wird für jedes College, jede Schule oder Universität eingestellt, die illegale Proteste zulässt«, schrieb der Präsident in der vorigen Woche auf seiner Onlineplattform »Truth Social«. Er bezieht sich dabei auf propalästinensische Demonstrationen. »Aufwiegler werden inhaftiert oder für immer in das Land zurückgeschickt, aus dem sie kamen. Amerikanische Studenten werden für immer hinausgeworfen oder, abhängig von der Straftat, verhaftet«, schrieb er weiter. Drei Tage später erklärten mehrere US-Behörden, dass der renommierten Columbia Universität in New York Fördergelder in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar gestrichen werden, weil sie jüdische Studierende nicht ausreichend geschützt habe.

An Schulen und Universitäten herrscht inzwischen eine Verunsicherung. Immer häufiger steht die Drohung im Raum, dass Einrichtungen den Zugang zu Bundesmitteln verlieren.

Obwohl Trump seit dem Amtsantritt am 20. Januar sich elementar in Bildungsfragen einmischt, verfolgen er und die Republikaner eigentlich ein ganz anderes Ziel: Sie wollen das Ministerium auflösen und die US-Bundesstaaten vollständig mit der Bildung betrauen. Diese tragen ohnehin schon rund 87 Prozent der Ausgaben für die Schulen und sind auch für Rahmenlehrpläne verantwortlich. Erst in der vergangenen Woche wurde die neue Bildungsministerin Linda McMahon vom US-Senat bestätigt; sie hat vom Präsidenten den Auftrag bekommen, »sich selbst arbeitslos zu machen«. Einen ersten Schritt dazu leitete sie umgehend ein. Das Ministerium teilte am Dienstag mit, dass 1300 Angestellte entlassen werden. Bei demokratischen Kongressmitgliedern, Lehrerverbänden und vielen Eltern stößt das auf scharfe Kritik. Sie sehen darin einen beispiellosen Angriff auf das öffentliche Bildungssystem.

Die Abwicklung des Ministeriums ist ein zentrales Versprechen von Trumps Bildungspolitik, das er nun offenbar über Massenentlassungen einleiten will. Auf regulärem Weg gibt es dafür hohe Hürden. Dafür bräuchte er die überparteiliche Unterstützung des Kongresses. Im Senat müsste sogar eine Mehrheit von mindestens 60 Senatoren dafür stimmen. Die Republikaner haben dort lediglich eine Mehrheit von 53 Sitzen.

Selbst einige Republikaner würden wohl nicht für eine Auflösung des Ministeriums stimmen, da die Bundesprogramme vor allem Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern aus einkommensschwachen Familien fördern. Und davon gibt es auch in den von Republikanern regierten Bundesstaaten viele. Trumps Kurs bleibt also umstritten.

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