Alle für Merz: Die Stunde der Enabler

Leo Fischer wundert es, dass der künftige Bundeskanzler schon alles bekommt, was er will

Sondervermögen – Alle für Merz: Die Stunde der Enabler

Man täusche sich nicht: Trotz allem Mediengetöse, trotz aller Kritik auch aus den eigenen Reihen ist das jetzt geschnürte Milliardenpaket ein Triumph für Friedrich Merz. Noch mit den Resten des alten Bundestags, also befreit von den tatsächlichen Mehrheiten kriegt er es durch – im Wesentlichen so, wie er es wollte, und mit den Stimmen jener Grünen, die er im Wahlkampf noch aufs Tiefste gedemütigt hatte.

Vergessen das Abstimmen mit Faschisten oder die antisemitisch grundierten Verschwörungstheorien um die »Schattenstrukturen« von NGOs, von »Omas gegen Rechts«, Greenpeace und den Kirchen – alles wurde symbolisch als Feind*innen markiert, wo immer auch nur die geringste Kritik an seiner Zusammenarbeit mit Ultrarechts erklungen war. Kreide musste Merz nur in homöopathischen Dosen schlucken. Warum die Grünen zwar das Grundgesetz mit ändern sollen, aber dann nicht an der Regierung beteiligt werden, ist eigentlich nicht zu erklären.

Es passt aber zum Typus Merz: das des cholerischen Hausvaters, dessen Ausbrüche und Gewalt immer wieder von Anderen, Leiseren, Besonneneren eingefangen werden müssen. Der Pantoffeltyrann, der erst alle anbrüllt, um sich dann großmütig beruhigen zu lassen. Die Kräfte, mit denen er sich umgibt, sind entweder genauso wie er – patzige Bullys, denen die Zukurzgekommenheit aus jeder Pore stiert –, oder es sind Enabler*innen, diejenigen, die aus polternder Willkür und »Jetzt rede ich«-Geschrei Verfahren, Prozeduren, Gesetze formen.

Während die Merzensmänner gegen alles höhnen, was ihnen schwach vorkommt – Frauen, Queers, Omas, Kinderbuchautor*innen – sind sie selbst von permanenter Fragilität gekennzeichnet, immer am Rande des Nervenzusammenbruchs, gereizt, unvorbereitet, angriffslustig. Souverän sich aufs männliche Privileg verlassend, sich im Zweifel alles noch mal erklären zu lassen, aus jeder Unpässlichkeit gerettet zu werden, können im nächsten Augenblick angebliche Minderleister und Low Performer abgekanzelt werden.

Leo Fischer
Leo FischerFoto ist privat, kein Honorar

Leo Fischer ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chef des Satiremagazins »Titanic«. In seiner Kolumne »Die Stimme der Vernunft« unterbreitet er der Öffentlichkeit nützliche Vorschläge. Alle Texte auf: dasnd.de/vernunft

Was haben seine Enabler*innen dafür bekommen? Ein Programm der sozialen Grausamkeit, das Vermögende und Konzerne schont, während Versorgungsstrukturen Federn lassen müssen. Irgendwo steht das Wort Klima, irgendwo das Wort Mütterrente. Auf die Oppositionsbank verbannt, müssen die Grünen, die eben rasch das Grundgesetz mit ändern durften, sich nun wieder den höhnenden Triumphalismus der Anzuggockel anhören.

Nicht, dass sie anderes verdient hätten. Seit Jahren hatten sie sich auf Schwarz-Grün vorbereitet, machten noch mit beim unwürdigen Spektakel um »Migration«, als längst klar war, dass die Union sie absägen wollte. Auch hier wahrten sie die Rolle der Enabler*innen, die anderen erklären, dass der Papa halt gerade viel Stress habe. Mit Merz und seinen Schergen wird ein Typ Männlichkeit rehabilitiert, der seit den 90ern als erledigt galt – zusammen mit dem Persönlichkeitstyp, der solchen Männern erst Macht gibt. Dieses Land muss dringend zur Therapie.

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