Ekrem İmamoğlu: Der Bürgermeister von Istanbul wurde kaltgestellt

Cyrus Salimi-Asl zur Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.
Ekrem İmamoğlu ist der Hoffnungsträger der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP). Hier hält er eine Rede auf einem Bus (r.) nach seiner Wahl 2019 zum neuen Bürgermeisters von Istanbul.
Ekrem İmamoğlu ist der Hoffnungsträger der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP). Hier hält er eine Rede auf einem Bus (r.) nach seiner Wahl 2019 zum neuen Bürgermeisters von Istanbul.

Zuerst wird ihm sein Universitätsdiplom aberkannt, einen Tag später kommt er in den Knast, der Vorwurf: Korruption und Verbindungen zur PKK. Ekrem İmamoğlu, Bürgermeister von Istanbul und aussichtsreichster Gegenspieler des amtierenden türkischen Präsidenten Erdoğan, soll politisch ausgeschaltet werden. Die zeitliche Nähe der Annullierung seines Hochschulabschlusses, Voraussetzung für eine Kandidatur als Staatspräsident, und die Verhaftung am Folgetag lassen kaum eine andere Schlussfolgerung zu. Demonstrationen in Istanbul wurden verboten, der Zugang zu sozialen Medien eingeschränkt. An diesem Sonntag sollte İmamoğlu offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der CHP gekrönt werden. Das Vorgehen zeigt die Handschrift willfähriger, regierungstreuer Behörden zu Diensten Erdoğans, der mit einer Wiederwahl 2028 liebäugelt, dafür aber die Verfassung ändern müsste.

Es ist nicht der erste Versuch, die politische Karriere des beliebten Istanbuler Bürgermeisters mit juristischen Mitteln zu beenden. Mitte Dezember 2022 wurde er von einem türkischen Gericht »wegen Beleidigung der Wahlkommission« mit einem Politikverbot belegt, was ihn aus dem Rennen um die Präsidentschaft im Mai 2023 warf. Jetzt spricht die Opposition vom Versuch eines Staatsstreichs.

In der Türkei reicht ein »falscher« Social-Media-Beitrag, um einen politischen Gegner kaltzustellen; noch schlimmer wiegt der Vorwurf, oft ohne Beweise vorgetragen, Verbindungen zur kurdischen PKK zu haben und damit, nach Lesart des türkischen Staates, zu Terroristen. Dass der Staat ernsthaft bereit sei, sich mit der PKK auf eine Friedenslösung zu einigen, erscheint vor diesen Ereignissen wie ein Schauspiel, das die Zuschauer sogleich als Farce entlarven. Erdoğan macht keine Zugeständnisse, für ihn zählt allein der Machterhalt.

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