- Kommentare
- US-Administration
Signal-Chat: Don’t shoot the messenger!
Signal ermöglicht einfache und sichere Kommunikation. Gegen die Dummheit der Trump-Administration hilft die App aber nicht, meint Matthias Monroy
Seit ich im Internet unterwegs bin, nutze ich Verschlüsselung: ab den 1990ern PGP für E-Mails, als Messengerdienste dann Threema und inzwischen Signal. Jede Kommunikation damit ist Ende-zu-Ende-verschlüsselt, also vertraulich. Die App ist ein Open-Source-Projekt und kostenlos, dafür sorgt eine Stiftung.
Signal garantiert aber keine absolute Sicherheit. Werden ein Telefon oder ein Rechner mit einem Trojaner überwacht, nutzt die beste Verschlüsselung nicht – dieses Problem haben alle auf dem betroffenen Gerät installierten Anwendungen. Eine bekannte Schwäche ist die Desktop-Version von Signal, die Kopien in unverschlüsselten Ordnern des Computers abspeichert und Angreifern sogar den Versand von Nachrichten ermöglicht. Ein Sicherheitsproblem, das ebenfalls alle anderen gängigen Anwendungen betrifft.
Am Montag feixte der Sicherheitsforscher und Signal-Mitgründer Moxie Marlinspike: »Es gibt so viele gute Gründe, Signal zu nutzen. Jetzt auch mit der Möglichkeit, dass der US-Vizepräsident dich zufällig zu einer Gruppenunterhaltung hinzufügt, um sensible Militäroperationen zu koordinieren.« Anspielung auf den Skandal, den die US-Zeitung »The Atlantic« bekannt gemacht hat: Hochrangige Mitglieder der Trump-Administration luden den Journalisten Jeffrey Goldberg – offenbar irrtümlich – in einen Gruppenchat ein, in dem kurz darauf umgesetzte Luftangriffspläne gegen Huthi-Rebellen im Jemen diskutiert wurden. Goldberg, Chefredakteur von »The Atlantic«, erkannte den Fehler, informierte seine Redaktion sowie die US-Regierung und veröffentlichte einige der brisanten Chatnachrichten. Nun wissen wir, dass der Verteidigungsminister Pete Hegseth europäische Regierungen »erbärmlich« findet und die Kernbotschaft an die Presse nach den völkerrechtswidrigen Bombardierungen lauten sollte: »Biden hat versagt.«
Ist Signal also doch unsicher? Natürlich nicht, denn die Nachlässigkeit der Trump-Administration ist nicht dem verschlüsselten Überbringer ihrer Nachrichten anzulasten (auch nicht Goldberg, den Hegseth nun als »betrügerisch« und »hochgradig diskreditierten sogenannten Journalisten« beschimpft). Die US-Regierung unterliegt strengen Regeln zum Umgang mit geheimen Informationen, Verstöße können strafrechtliche Folgen haben.
Untersucht wird nun, ob die ausgetauschten Informationen nur in speziell gesicherten Räumen diskutiert werden durften. Aber auch ohne Einstufung als »geheim« ist ein solcher Chat hochrangiger Regierungsmitglieder ein Problem, wie sich letztes Jahr auch in Deutschland zeigte: Die Leitungsebene des Bundesbildungsministeriums nutzte die App Wire, um das Vorgehen gegen kritische Wissenschaftler*innen zu planen – außerhalb der Reichweite des Informationsfreiheitsgesetzes und damit ohne öffentliche Kontrolle.
Die Trump-Administration hat nach dem Signal-Vorfall zudem ein Glaubwürdigkeitsproblem. Nicht nur der heutige Präsident hatte kritisiert, dass die damalige demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im Jahr 2016 in privaten E-Mails mit Mitarbeiter*innen geheime Angelegenheiten besprach. Das mag – trotz Transportverschlüsselung für die Mails – gegen Sicherheitsregeln im Weißen Haus verstoßen haben. An die Dummheit der derzeitigen Regierung reicht der Vorfall aber nicht heran.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.