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US-Zölle: Wenn Regeln beiseitegewischt werden
Einige Konzerne aus Ostasien wollen in den USA investieren – politisch stehen die Zeichen auf Entfremdung
Die Worte, die Hyundai-Chef Chung Eui Sun Anfang der Woche in Washington verkündete, könnten in Südkorea noch lange nachwirken. »Ich bin froh, ein zusätzliches Investitionspaket in Höhe von 21 Milliarden US-Dollar über die nächsten vier Jahre verkünden zu können – unsere größte Investition in den USA jemals.« Der Manager stand im Weißen Haus, sprach in ernstem Ton.
Die Hyundai Motor Group, hinter Samsung und SK das drittgrößte Konglomerat Südkoreas und weltweit einer der größten Autobauer, will auf diese Weise 1300 neue Jobs in den USA schaffen. So werde im Wert von 8,6 Milliarden US-Dollar in die Autoproduktion investiert, hinzu kommen 6,1 Milliarden für die Herstellung von Stahl im Bundesstaat Louisiana sowie 6,3 Milliarden für Zukunftssektoren und Energie. Die Lieferkette sei damit endlich gesichert, gibt sich Chung optimistisch.
Immerhin wird dann ein Großteil der Komponenten, die Hyundai für den US-Markt braucht, dort hergestellt. Für US-Präsident Donald Trump ist dies ein Riesencoup. Er bezeichnete Hyundai nun als ein »wirklich großartiges Unternehmen« und sagte selbstzufrieden, der Beschluss sei ein »klares« Zeichen dafür, dass seine Politik »sehr stark« wirke.
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Seiner Wählerschaft hat Trump immer wieder versprochen, dass er Jobs in die USA holen werde. Um dies umzusetzen, schreckt der 78-Jährige vor wenig zurück. Diversen Staaten, inklusive jenen der EU, hat er schon mit Strafzöllen gedroht oder diese aufgebürdet. Für Autos und Autoteile aus aller Welt sollen sie 25 Prozent betragen. Der Hintergedanke dabei: Um die Zölle für die Wareneinfuhr in die USA – die nach wie vor größte Volkswirtschaft der Welt – zu vermeiden, sollen möglichst viele Unternehmen ihre Produkte in den USA herstellen.
Auch auf Importe aus Südkorea planen die USA ab dem 2. April, Strafzölle zu erheben. Mit nun aber einer prominenten Ausnahme: Hyundai. Trump erklärte am Montag im Zuge der Investitionsverkündung: »Als Resultat werden sie keine Zölle zahlen müssen.«
Hyundai ist nicht der erste Konzern, der seit Trumps neuerlichem Amtsantritt große Investitionen in die USA angekündigt hat. So beschloss der taiwanische Chiphersteller TSMC vor einigen Wochen gar ein Investitionspaket von 100 Milliarden US-Dollar. Der schwedische Autobauer Volvo erwägt ähnliche Schritte.
Inwieweit dies wirklich positive Auswirkungen für die USA haben wird, bleibt umstritten. »Trump inszeniert Hyundais Investitionspläne als wirtschaftspolitischen Erfolg – doch das könnte sich als Pyrrhussieg erweisen«, meint Frederic Spohr, Leiter des Seoul-Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung. Nicht nur werden Produkte durch die Zölle unterm Schnitt teurer. Spohr erkennt im Schritt von Hyundai auch ein grundsätzliches ein Warnsignal für südkoreanische Betriebe: »Die Unternehmen hier nehmen sehr genau wahr, dass die USA unter Trump kein verlässlicher Standort mehr sind, sondern ein unberechenbarer Markt, in dem zuvor vereinbarte Regeln einfach beiseitegewischt werden.«
Das ostasiatische Industrieland kämpft selbst seit Jahren mit stockendem Wirtschaftswachstum, teils wegen einer alternden Bevölkerung. Busan, die zweitgrößte Stadt des Landes, schrumpft etwa seit Jahren und deindustrialisiert sich. Die Bemühungen südkoreanischer Politiker, die Effekte der Trump’schen Erpressungspolitik kleinzuhalten, blieben bisher ohne Erfolg.
Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass auch Südkorea auf seine Weise zurückschlagen wird. Wegen des juristischen Streits um die Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk Yeol fehlt momentan eine handlungsfähige Regierung. Das dürfte sich ändern, wenn dies juristisch geklärt ist und danach binnen zwei Monaten Neuwahlen stattfinden werden. Yoons eher US-nahe People Power Party gilt als Außenseiterin gegenüber der Demokratischen Partei, die wegen des Zollstreits wohl mehr Nähe zu China suchen würde. Eine Hinwendung zu Trumps größtem Rivalen samt Gegenzöllen gegen die USA erschiene pragmatisch. Aktuelle Meinungsumfragen zeigen jedenfalls, dass die Menschen in Südkorea in der Trump-Regierung vor allem Probleme für das eigene Land sehen.
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