Grüne fordern »Freiheitsdienst« für alle Bürger

Bayerische Landesspitze der Partei schlägt verpflichtende sechsmonatige Tätigkeit in Bundeswehr, Bevölkerungsschutz oder »Gesellschaft« vor

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Über den »Freiheitsdienst« wollen nun auch die Grünen der Truppe neue Rekruten zuführen.
Über den »Freiheitsdienst« wollen nun auch die Grünen der Truppe neue Rekruten zuführen.

Berlin.  In die Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht bringen sich nun auch die Grünen ein. Ein weitreichender Vorschlag kommt von der Spitze der bayerischen Grünen-Landtagsfraktion: Fraktionschefin Katharina Schulze und der innenpolitische Sprecher Florian Siekmann sprechen sich für einen verpflichtenden »Freiheitsdienst« für alle Menschen zwischen 18 und 67 Jahren aus, der mindestens sechs Monate dauern soll.

Alle Frauen und Männer sollten im Verlauf ihres Lebens entweder Wehrdienst, Dienst im Bevölkerungsschutz, bei Feuerwehr oder Hilfsorganisationen oder sechs Monate Gesellschaftsdienst leisten, heißt es in einem Konzept des Duos, über das am Sonntag mehrere Medien berichteten. Schon abgeleistete Dienste oder bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten sollen angerechnet werden.

»Der Freiheitsdienst ist viel mehr als der alte Wehrdienst, er zielt auf eine Gesamtverteidigung mit gesellschaftlicher Widerstandskraft.«

Florian Siekmann innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag

»Es ist an der Zeit, die Frage zu stellen: Was kannst du für dein Land tun?«, sagte Schulze der Deutschen Presse-Agentur. Denn Bedrohungen nähmen zu. »Damit wir als Gesellschaft robuster werden, unsere Freiheit verteidigen und das Miteinander stärken, braucht es uns alle. Der Freiheitsdienst ist ein Gemeinschaftsprojekt für Deutschland von allen für alle. Durch den Freiheitsdienst verbinden wir Generationen und Milieus, stärken unsere Gesellschaft und verteidigen, was uns wichtig ist.«

Das Konzept sieht vor, dass nach Ende der Schulpflicht eine allgemeine Musterung stattfinden und über die Zweige des »Freiheitsdienstes« informiert werden soll. Die Mindestdauer von sechs Monaten soll entweder am Stück oder zeitlich gestreckt erfüllt werden können. Die Pflicht soll gelten »für alle mit festem Aufenthalt in Deutschland unabhängig von Staatsbürgerschaft oder Geschlecht«. Wer Wehr- oder Zivildienst geleistet hat, soll befreit, ehrenamtliches Engagement, das dem sozialen Gesellschaftsdienst entspricht, soll angerechnet werden.

Mit Gesellschaftsdienst meinen die Grünen-Politiker Angebote, wie sie etwa dem bisherigen Bundesfreiwilligendienst oder dem sozialen oder ökologischen Jahr entsprechen. Darunter soll auch ehrenamtliches Engagement in verantwortlicher Position fallen, etwa in der Jugendarbeit oder als ehrenamtlicher Trainer im Sport.

Der Dienst im Bereich Bevölkerungsschutz soll bei Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, im Rettungsdienst oder im Katastrophen- und Zivilschutz in gemeinnützigen Hilfsorganisationen geleistet werden. Der Wehrdienst soll »aus den bestehenden freiwilligen Wehrdiensten aufwachsen«.

»Mit dem Freiheitsdienst stärken wir die Widerstandskraft unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, sichern unsere Verteidigungsbereitschaft und führen die Generationen zusammen«, heißt es im Konzept von Schulze und Siekmann.

»Jeder und jede hat etwas für unsere Gesellschaft zu bieten, deshalb kann man unseren Freiheitsdienst für Deutschland in drei Zweigen absolvieren – Wehrdienst, Bevölkerungsschutz oder Gesellschaftsdienst«, erklärte Siekmann. Und das gelte in jeder Altersstufe, statt nur die Jungen zu verpflichten. Er betonte: »Der Freiheitsdienst ist viel mehr als der alte Wehrdienst, er zielt auf eine Gesamtverteidigung mit gesellschaftlicher Widerstandskraft.«

Bisher treten nur CDU und CSU für ein verpflichtendes »Gesellschaftsjahr« ein, das jedoch laut dem Grundsatzprogramm der CDU nur für junge Menschen gelten soll. Die SPD plädiert auch in den Koalitionsverhandlungen mit der Union für einen freiwilligen Wehrdienst. Ein entsprechendes Konzept hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius bereits im vergangenen Jahr vorgelegt. Grüne und FDP hatten verpflichtende Formate bislang abgelehnt. nd

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