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Die Kündigungswelle hat schon begonnen
Ausbleibende Gelder aus den USA bringen im Kongo viele Hilfsorganisationen und ihre Partner in die Bredouille
»Durch den Einschnitt von USAID werden weltweit Zigtausende Arbeitsplätze wegfallen«, sagt Ursula Langkamp, die Landesdirektorin der Welthungerhilfe im Kongo. Das betreffe Tausende Familien. Dabei geht es nicht nur um die Kernfamilie. Wer in einem afrikanischen Land einen Job hat, ernährt andere mit, zum Beispiel die Tanten, Onkel, Großeltern, Nichten und Neffen oder enge Freunde.
Die Regierung Trump hat einen rigorosen Kahlschlag bei der US-Entwicklungsbehörde USAID auf den Weg gebracht, der im Kongo besonders zu spüren ist. Der Jobverlust geht zudem über die Hilfsorganisationen hinaus. »Sämtliche Zulieferer und Kooperationspartner verlieren ihre Aufträge«, erklärt Félicien Kabamaba. Der Politik-Professor aus Kinshasa sieht vor allem die Arbeitsplätze bei Transportunternehmen, Wachfirmen, Catering oder Übersetzungsbüros in Gefahr. Wenn Projekte zu Ende gehen, müssen auch ausländische Helfer abreisen. Sie lassen dann Gärtner, Köchinnen und Babysitter, Chauffeure oder Putzkräfte arbeitslos zurück.
»Ich musste 16 von meinen 50 Kollegen und Kolleginnen entlassen«, sagt Passy Mubalama, die Leiterin der Menschenrechtsorganisation Aidprofen in Goma. Der Grund: Mubalama musste ein Projekt zur Demokratisierung einstellen (siehe Text oben). Für ein anderes Projekt, in dem sich Aidprofen um Überlebende sexualisierter Gewalt kümmert, bekommt die kongolesische Organisation nur noch ein Viertel des ursprünglichen Betrags von 170 000 Dollar. »Das ist ein harter Einschnitt, der uns völlig überraschend getroffen hat«, sagt Mubalama.
Es gibt kaum jemanden in Goma, der niemanden kennt, dem gerade gekündigt wird. Auch Amani Ilunga verliert seinen Job zum Monatsende. Er hat bisher für eine internationale Hilfsorganisation gearbeitet, die Wasser und Latrinen in Flüchtlingslagern installiert. So konnte er die Schule und die Universität für seine jüngeren Geschwister bezahlen. Ilunga heißt anders, aber sein Name muss geheim bleiben. Die Miliz M23, die Goma besetzt, verfolgt Kritiker gnadenlos.
Die M23 habe die Flüchtlinge rund um die Millionenstadt Goma vertrieben und die Lager geschlossen, erzählt der junge Mann. Nun müsste man die Vertriebenen suchen, ihnen Wasser und Nahrung bringen. Aber USAID hat Ilungas Arbeitgeber das Budget fast ganz gestrichen. Für die Hilfe ist kaum noch Geld da – und für Ilungas Lohn auch nicht mehr. »Es ist eine Katastrophe. Ich weiß nicht, wie ich mein Baby und meine Frau ernähren soll«, klagt er. Vor wenigen Tagen ist Ilungas Mutter verstorben. Die Beerdigung kostete ihn fast alles Geld, das er auf die Seite legen konnte.
Hilfsorganisationen waren im Ostkongo die Top-Arbeitgeber. Nun fallen sie aus, und es ist utopisch, dass Ilunga eine andere Arbeit findet. Im Rebellengebiet liegt die Wirtschaft am Boden. Es gibt kaum Bargeld, weil die Banken geschlossen sind. Auch an den Automaten und bei den Mobile-Money-Agenturen herrscht Flaute. Kein Geld, das heißt kein Umsatz. Viele Firmen entlassen daher ihre Angestellten. Manche stellen den Betrieb komplett ein.
Ilunga wollte immer im Kongo bleiben und für eine bessere Zukunft kämpfen. Er hat früher viel gelacht, Musik gemacht und andere Kongolesen ermuntert, sich für ihre Heimat zu engagieren. Aber jetzt ist er verzweifelt und sagt: »Zum ersten Mal denke ich darüber nach, ins Ausland zu flüchten.«
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