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Neue Regierung in Damaskus

Islamistische Machthaber streben nach internationaler Anerkennung

  • Lars Nicolaysen und Weedah Hamzah
  • Lesedauer: 2 Min.
Gruppenbild mit weißem Akzent. Hind Kabawat gehört als einzige Frau der neuen syrischen Regierung an.
Gruppenbild mit weißem Akzent. Hind Kabawat gehört als einzige Frau der neuen syrischen Regierung an.

Damaskus. Syriens islamistischer Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa hat eine neue Regierung berufen, die den Umbau des Landes vier Monate nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad vorantreiben soll. Das am Abend von Scharaa vorgestellte Kabinett besteht aus 22 Ministern und löst eine Übergangsregierung ab, die nach Assads Sturz durch eine Rebellenallianz im Dezember die Staatsgeschäfte übernommen hatte.

Die Bildung der neuen syrischen Regierung sei »eine Erklärung unseres gemeinsamen Willens, einen neuen Staat aufzubauen«, sagte Scharaa. Man wolle die staatlichen Institutionen auf der Grundlage von »Verantwortung und Transparenz« neu errichten.

Rebellen behalten Schlüsselposten

Dem neuen Kabinett gehört eines der prominentesten Gesichter der syrischen Zivilgesellschaft an: Raed al-Saleh, Chef der Rettungsorganisation Weißhelme, wurde Minister für Notfall- und Katastrophenmanagement. Erstmals wurde zudem eine Frau in die Regierung berufen: Hind Kabawat wird als Ministerin für Soziales und Arbeit zuständig sein. Sie ist Christin. Dies kann als Botschaft an die westlichen Länder verstanden werden, die fordern, dass Frauen und Minderheiten in den politischen Prozess in Syrien einbezogen werden.

Zugleich behielten ehemalige Rebellenvertreter ihre Schlüsselressorts: So bleibt Asaad al-Scheibani Außenminister, Marhaf Abu Kasra Verteidigungsminister. Ein weiterer früherer Rebellenführer, der bisher als Sicherheitschef fungiert hatte, ist jetzt Innenminister. Ein Ministerpräsident wurde nicht ernannt. Es wird erwartet, dass Übergangspräsident Scharaa die Arbeit des Kabinetts leitet.

Islamisten wollen internationale Anerkennung

Scharaa hatte kürzlich eine vorläufige Verfassung für die auf fünf Jahre angesetzte Übergangsphase unterzeichnet. Der Islamist ist um Akzeptanz der westlichen Länder bemüht, die ihre Unterstützung an politische Reformen und die Achtung der Menschenrechte geknüpft haben. Schaara möchte erreichen, dass die lähmenden internationalen Wirtschaftssanktionen wieder aufgehoben werden, die vor mehr als einem Jahrzehnt verhängt wurden, um Assads Machtapparat unter Druck zu setzen.

Erst kürzlich sorgte ein Militäreinsatz gegen Assad-Anhänger mit Hunderten Toten in der Küstenregion im Nordwesten des Landes – darunter viele Zivilisten – für neues Misstrauen. Eine Rebellenallianz unter Führung der islamistischen Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte am 8. Dezember die Kontrolle in Damaskus übernommen. Assad floh nach Russland. Die bisherige Übergangsregierung wurde vom damaligen Regierungschef der Rebellenhochburg Idlib, Mohammed al-Baschir, angeführt. Er fungiert in der neuen Regierung als Energieminister.

Die Regierung im Nachbarland Israel ist gegenüber den neuen islamistischen Führern weiter skeptisch. Die Streitkräfte des jüdischen Staates greifen immer wieder militärische Anlagen in Syrien an und verweisen darauf, dass diese eine Bedrohung darstellten. dpa/nd

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