Macrons Initiativfreude

Cyrus Salimi-Asl zum französischen Vorstoß, Palästina als Staat anerkennen zu wollen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron stellt die Anerkennung eines palästinensischen Staats in Aussicht. Hier besichtigt er ein Lagerhaus des Ägyptischen Roten Halbmonds in der Hafenstadt El-Arisch im Norden der Sinai-Halbinsel, etwa 55 Kilometer westlich der Grenze zum Gazastreifen. El-Arisch ist ein wichtiger Transitpunkt von Hilfsgütern für den Gazastreifen.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron stellt die Anerkennung eines palästinensischen Staats in Aussicht. Hier besichtigt er ein Lagerhaus des Ägyptischen Roten Halbmonds in der Hafenstadt El-Arisch im Norden der Sinai-Halbinsel, etwa 55 Kilometer westlich der Grenze zum Gazastreifen. El-Arisch ist ein wichtiger Transitpunkt von Hilfsgütern für den Gazastreifen.

Frankreich Staatspräsident Emmanuel Macron ergreift die Initiative, ob zur eigenen Profilierung oder der Sache verpflichtet, man wird es bald feststellen können: Vielleicht schon im Juni wolle er die Staatlichkeit Palästinas anerkennen, auf einer internationalen Konferenz, ausgerichtet gemeinsam mit Saudi-Arabien. Endlich, kann man da nur sagen. Der französische Staat, der der palästinensischen Sache traditionell immer sehr nahe stand, hat lange gebraucht, diesen Schritt zu vollziehen – zu lange, denn Länder wie Spanien oder Irland haben Frankreich längst überholt.

Westeuropa, nicht zufällig einer der größten Unterstützer Israels, gefällt sich weiterhin in der sturen Haltung, einen Palästinenserstaat erst dann anerkennen zu wollen, wenn es eine Friedenslösung mit Israel gibt. Mit dieser Vorgabe können Länder wie Großbritannien, Deutschland oder Italien sich noch viel Zeit nehmen. Die sofortige Anerkennung wäre ein klares politisches Signal, sich dem Ziel, einen palästinensischen Staat zu errichten auf dem Gebiet, das nach allgemeingültiger Auffassung den Palästinensern zusteht, mit allen möglichen diplomatischen Mitteln zu verpflichten.

Reziprozität bei der staatlichen Anerkennung

Macrons Ankündigung hat jedoch einen Haken: Er verknüpft sein Vorhaben mit der reziproken Anerkennung Israels durch andere Staaten, spricht von einer »kollektiven Dynamik«, die es all jenen Staaten, »die Palästina verteidigen, ermöglichen muss, ihrerseits Israel anzuerkennen«. Gemeint sind wohl vor allem arabische und islamische Staaten. Das ist ein großer Unsicherheitsfaktor, denn solange der Krieg im Gazastreifen weitergeht, dürften Länder wie Syrien, der Irak oder der Libanon zu keinerlei Zugeständnissen bereit sein. Emmanuel Macron geht hier in Vorleistung und wird bis Juni noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um seinen Plan umzusetzen.

Israels Außenminister Gideon Saar hat die Ankündigung Macrons wie in einem Pawlowschen Reflex als »eine Belohnung von Terrorismus und ein Auftrieb für die Hamas« bezeichnet. Was Saar verschweigt: Der Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen sah einen palästinensischen wie einen jüdischen Staat vor. Letzterer existiert seit 1948. Warum also sollte ein palästinensischer nicht anerkannt werden und warum maßt sich der jüdische Staat in dieser Frage überhaupt ein Mitspracherecht an? Außerdem, auch das scheint der israelische Außenminister nicht zu kapieren, geht es nicht um die Anerkennung der Hamas als De-facto-Regierung im Gazastreifen, sondern um die Anerkennung eines Staates. Und Palästina wäre längst nicht der erste, der von einigen Ländern nicht anerkannt wird, hat aber die Mehrheit auf seiner Seite: 147 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen erkennen bis heute einen souveränen Staat Palästina an, also rund drei Viertel.

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