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Pandemie-Abkommen: Tausche Gensequenzen gegen Impfstoffe

Historische Einigung der WHO-Mitgliedstaaten

  • Agnès Pedrero, Genf
  • Lesedauer: 3 Min.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus

Nach zähen Verhandlungen haben die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einem historischen Abkommen zugestimmt, mit dem sie sich besser auf künftige Pandemien vorbereiten wollen. Die Staaten hätten »bei ihren Bemühungen, die Welt sicherer vor Pandemien zu machen, einen großen Schritt nach vorne gemacht«, erklärte die WHO am Mittwoch in Genf. Der Entwurf soll bei der Jahresversammlung der UN-Organisation im Mai unterzeichnet werden.

Die abschließende Sitzung hinter verschlossenen Türen begann am Dienstagvormittag am WHO-Hauptsitz in Genf. Die Mitglieder verhandelten buchstäblich bis zur letzten Minute und besiegelten die Vereinbarung gegen zwei Uhr morgens. Bis zum Schluss herrschte Uneinigkeit über einige heikle Fragen. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, sorgte insbesondere jene Passage für Unstimmigkeiten, bei der es um den Technologietransfer für Pandemie-Gesundheitsprodukte an Entwicklungsländer geht. Die Differenzen konnten demnach überwunden werden, indem hinzugefügt wurde, dass jeglicher Technologietransfer »in beidseitigem Einverständnis« erfolgen müsse.

»Die Nationen der Welt haben heute in Genf Geschichte geschrieben«, würdigte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus die erzielte Einigung. Sie hätten mit dem Abkommen »nicht nur einen Generationenvertrag zur Erhöhung der Sicherheit in der Welt« geschaffen. Sie hätten zudem gezeigt, »dass der Multilateralismus lebendig und gesund ist und dass die Nationen in unserer gespaltenen Welt noch immer zusammenarbeiten können, um eine gemeinsame Antwort auf gemeinsame Bedrohungen zu finden«.

Allerdings hat das anvisierte Abkommen schon jetzt einen Schwachpunkt: Die USA sind nicht dabei. Präsident Donald Trump hatte nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus den Rückzug seines Landes aus der WHO erklärt.

Besonders umkämpft war die Frage eines »gerechten Vorteilsausgleichs«. In einem Anhang zum Vertrag soll ein Mechanismus stehen, der die rasche Weitergabe von Daten wie Gensequenzen von Krankheitserregern ermöglichen soll. Auf diese Weise kann die Pharmaindustrie bei zukünftigen Gesundheitskrisen möglichst schnell mit der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten beginnen. Im Gegenzug sollen die Unternehmen zehn Prozent ihrer Produktion als Spende zur Verteilung in ärmeren Ländern abtreten und weitere Produktionsanteile günstig zur Verfügung stellen. Die Modalitäten müssen noch ausgehandelt werden.

Nichtregierungsorganisation begrüßten die Fortschritte in den Verhandlungen. Es seien mehrere positive Elemente in den Entwurf des Pandemie-Abkommens aufgenommen worden, sagte Maria Guevara, internationale medizinische Leiterin von Ärzte ohne Grenzen. »Sie senden ein starkes Signal der weltweiten Solidarität und demonstrieren ein kollektives Engagement für eine integrative, transparente Regierungsführung.« Vom internationalen Verband für Pharmaunternehmen hieß es, dass Fragen des geistigen Eigentums und der Rechtssicherheit entscheidend seien, wenn die Industrie bei zukünftigen Krisen in risikoreiche Forschung und Entwicklung investieren wolle.

Seit mehr als drei Jahren verhandeln die WHO-Staaten über ein internationales Abkommen, mit dem die Welt besser auf künftige Gesundheitskrisen wie die Corona-Pandemie vorbereitet werden soll. Durch das Virus und fehlenden Zugang zu Gesundheitsleistungen starben nach ihren Angaben weltweit mindestens 20 Millionen Menschen. Gegenmaßnahmen wie Lockdowns brachten schwere wirtschaftliche Schäden mit sich. Auch behinderte lange ein Mangel an Impfstoff den Kampf gegen das Coronavirus. AFP/nd

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