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Albas Basketballerinnen feiern einen bittersüßen Abschied
Die Berlinerinnen scheitern im Halbfinale der Meisterschaft und müssen sich danach gleich mehrfach verabschieden
Wer am Dienstagabend in der Sömmeringhalle in Charlottenburg nach der Schlusssirene nur auf das Publikum achtete, hätte wahrscheinlich nicht auf eine Niederlage von Alba Berlin getippt. Minutenlang erhoben sich die 2200 Alba-Fans in der ausverkauften Halle, um ihrem Team nach Spielende donnernden Applaus zu schenken. Nur der Blick aufs Parkett verriet, dass es im nervenaufreibenden Halbfinal-Krimi gegen die Saarlouis Royals kein Happy End für die amtierenden deutschen Meisterinnen gab.
An der Mittellinie standen die Alba-Frauen im Kreis, ebenfalls klatschend, aber mit Tränen in den Augen. In ihrer Mitte: Center-Spielerin Maggie Mulligan und Forward Steffi Grigoleit in einer nicht enden wollenden Umarmung. Für die beiden Stammspielerinnen war es die letzte Partie ihre Karriere. Beide hatten bereits vor Monaten angekündigt, dass die aktuelle Saison ihre letzte sein wird. Nach der 67:75-Niederlage nach Verlängerung im entscheidenden fünften Spiel gegen Saarlouis kam dieses Ende nun früher als geplant.
»Wir hätten den beiden einfach supergerne einen Titel zum Abschied geschenkt«, sagte die aufgelöste Alba-Kapitänin Lena Gohlisch nach einer Partie, in der die Berlinerinnen noch einmal alles reingeworfen hatten, um den Traum von der Titelverteidigung am Leben zu halten. »Jetzt hier in Spiel fünf mit Overtime auszuscheiden, ist schwierig. Ich glaube, noch viel schwieriger ist, dass wir uns von Steffi und Maggie verabschieden, die für uns als Team ganz viel ausgemacht haben in den letzten Jahren«, erklärte Spielmacherin Gohlisch.
Zwei Führungsspielerinnen beenden ihre Karriere
Wie wichtig Mulligan und Grigoleit für Alba sind, zeigten die beiden Starterinnen in ihrem letzten Spiel eindrucksvoll. Die 29-jährige Mulligan steuerte acht Punkte und zehn Rebounds bei. Die 1,90 Meter große Centerspielerin aus den USA war mit fünf Assists außerdem die beste Vorlagengeberin ihres Teams. Steffi Grigoleit kämpfte auch mit ihren 35 Jahren noch einmal um jeden Ball. Am Ende standen elf Punkte und zehn Rebounds für die gebürtige Magdeburgerin in der Statistik.
Mit ihrer Erfahrung hielten die beiden Führungsspielerinnen Alba in einer Partie, die Berlin schon früh zu entgleiten drohte. Zur Halbzeit führte Saarlouis mit 36:24. Ohne die starke Reboundarbeit von Mulligan und Grigoleit und ihre Durchsetzungsfähigkeit unter den Körben wäre der Rückstand wohl noch größer gewesen. Nachdem Alba-Coach Cristo Cabrera zur zweiten Halbzeit dann auf eine Zonenverteidigung umgestellt hatte, gerieten aber auch die Saarländerinnen aus dem Rhythmus, und Berlin gelang ein 17:3-Lauf im dritten Viertel. Danach konnte sich kein Team mehr absetzen. Mit 58:58 endete die reguläre Spielzeit. In der Verlängerung schwanden Alba nach der großen Aufholjagd dann etwas die Kräfte, und Saarlouis traf in den entscheidenden Momenten die wichtigen Würfe.
»Wir haben im dritten Viertel richtig stark gespielt, und dass wir uns am Ende dann nicht belohnen konnten, ist einfach superschade«, ärgerte sich die völlig erschöpfte Grigoleit, nachdem sie sich zuvor noch bei den »besten Fans in Deutschland« für deren Unterstützung bedankt hatte. Die achtfache Nationalspielerin hat in den vergangenen dreieinhalb Jahren bei Alba den ersten Aufstieg in die Basketball-Bundesliga, den ersten Meistertitel und die ersten Auftritte im Eurocup miterlebt. Nach dem abrupten Karriereende steht jetzt ein wohlverdienter Urlaub mit der Familie auf dem Plan. »Aber das ist für mich noch weit weg, weil ich gerade noch zu traurig bin«, gab die 35-Jährige zu.
Abschied von einem historischen Team
Ein Gefühl, das viele auf dem Parkett und auf den Rängen teilten. Mit dem Karriereende von Mulligan und Grigoleit bricht ein wichtiger Teil des Alba-Teams weg, das in den vergangenen Jahren Vereinsgeschichte geschrieben hat. Der lange Applaus und die tränenreiche Ehrenrunde der Alba-Spielerinnen zu Chers »If I Could Turn Back Time« wirkten auch ein bisschen wie ein Abschied von dieser so erfolgreichen Ära.
Diesen Eindruck bestätigte auch Alba-Trainer Cabrera. »Es ist nicht einfach, so eine Gruppe von Spielerinnen zu finden«, lobte der Spanier sein Team. »Wir sind so viele Jahre zusammen, das ist anders, als wenn man nur Spielerinnen zusammenkauft und jedes Jahr einen neuen Trainer hat. Wir sind etwas Größeres.« Diese Botschaft gab der 40-Jährige den Alba-Frauen auch in seiner kurzen Kabinenansprache nach der Niederlage mit, wie Kapitänin Gohlisch hinterher verriet. Wichtiger als jeder Titel sei das besondere Miteinander des Teams.
Die große Lücke, die durch den doppelten Rücktritt bei den Berlinerinnen in diesem Sommer entsteht, soll deswegen möglichst von innen geschlossen werden. »Kontinuität wird ein wichtiger Faktor sein für die Kaderplanung der kommenden Saison«, erklärte Cabrera. Für die Centerposition will der Spanier zur nächsten Spielzeit die 16-jährige Lilli Schultze in den Profikader einbauen. Außerdem sieht es so aus, dass Spielmacherin Lena Gohlisch, deren Vertrag im Sommer ausläuft, mindestens noch ein Jahr dranhängt.
Albas Trainer scherzte nach dem Spiel sogar kurz, dass er vielleicht versuchen werde, noch ein oder zwei weitere Spielerinnen zum Verbleib für die kommende Saison zu überreden. Doch dieser nur halb ernst gemeinten Offerte schob Steffi Grigoleit noch auf dem Parkett einen Riegel vor: »Das ist vorbei – leider«, erklärte die 35-Jährige und verabschiedete sich mit ihrem Kind auf dem Arm endgültig in den Ruhestand.
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