Vogelgrippe in Westbengalen

Indiens Agrarminister: Keine Alternative zur Massentötung von Geflügel

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 2 Min.
Im indischen Unionsstaat Westbengalen grassiert die Vogelgrippe. Landwirtschaftsminister Sharad Pawar sprach von einer alarmierenden Lage, ergänzte aber: »Im übrigen Land besteht kein Grund zur Panik.«

Die Meldungen überschlagen sich. Trotz des Einsatzes von 300 »Schnelleingreifteams« seit Dienstag voriger Woche, die bis Samstag fast 100 000 Stück Geflügel töteten und 60 000 Eier vernichteten, breitet sich die Epidemie in westliche und nördliche Richtung rasant aus. Fünf Distrikte Westbengalens sind inzwischen betroffen. Menschen, so versichern die lokalen und zentralen Gesundheitsbehörden, hätten sich bislang nicht infiziert.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzte ein, bei dieser vierten Welle seit 2006 handele es sich um die bislang schlimmste Vogelgrippe in Indien, weil sie in besonders dicht besiedeltem Gebiet mit einer hohen Geflügelpopulation um sich greife. Westbengalens Chefminister Buddhadeb Bhattacharjee erklärte, es gebe keine andere Alternative, als die Vernichtungsaktion zu intensivieren. Ziel sei, bis Samstag 400 000 Vögel »zu eliminieren und sicher zu entsorgen«.

Obwohl die Regierung den Geflügelzüchtern und Kleinproduzenten Entschädigung zusagte (die Gesamtsumme beträgt 770 000 Dollar), gibt es vielerorts Widerstand. Die Menschen erkennen den Ernst der Lage nicht und wissen nichts über die Ansteckungsgefahr. Sie verstecken ihre Hühner und Enten. Und sie werfen verendete Tiere in Flüsse und Teiche und begünstigen so die Ausbreitung des H5N1-Virus.

Bis Samstag hatte man in Westbengalen 96 000 verendete Vögel registriert. Wegen der verbreiteten Ignoranz legen die Behörden gesteigerten Wert auf Aufklärung. Dutzende Gruppen von Gesundheitshelfern sind unterwegs, um die Situation zu überwachen und auf Risiken im Umgang mit dem Geflügel hinzuweisen. In den betroffenen Gebieten wurden die Gemeinderäte angewiesen, der Bevölkerung vom Verzehr von Eiern und Hühnerfleisch abzuraten und den Handel mit Geflügel zu unterbinden.

Indiens Geflügelindustrie spürt bereits die negativen Auswirkungen der Epidemie. Dubai, Oman und Bhutan haben den Import indischen Geflügels und von Eiern gestoppt. Auf dem Inlandsmarkt sanken die Preise bis um 30 Prozent. Man befürchtet, dass sich die Exporte um ein Viertel verringern. Benachbarte Unionsstaaten müssen damit rechnen, dass auch sie von der Vogelgrippe heimgesucht werden.

Die Grenzen zum östlichen Nachbarland Bangladesch ließ Indien, so gut das möglich ist, bereits vorige Woche schließen. Dort brach vor der »Haustür« Westbengalens bereits im Februar 2007 eine Vogelgrippe aus, die die Behörden bis dato nicht in den Griff bekamen. Salahuddind Khan, der Direktor des Veterinäramtes in Dhaka, bestätigte, dass der Virus H5N1 inzwischen in 25 der 64 Distrikte Bangladeschs festgestellt wurde. »Die Situation ist wirklich schlimm. Sie gerät außer Kontrolle, weil die Menschen mit infiziertem Geflügel handeln, es anfassen und auch essen«, äußerte Habibur Rahman von der Agraruniversität Bangladeschs.

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