Ein Ami für den deutschen Wald
Klimaerwärmung dürfte Fichten vielerorts vertreiben – kommt die Große Küstentanne?
Der deutsche Sommer dürfte wärmer und trockener werden. Das jedenfalls legen Berechnungen des Deutschen Klimarechenzentrums Hamburg nahe. Ein solcher Wandel würde nicht ohne gravierende Folgen bleiben – auch für Förster. Sollte sich das Klima wie prognostiziert grundlegend ändern, »wird sich dies auch massiv auf die Baumartenzusammensetzung des Waldes auswirken«, prognostiziert Eberhard Aldinger, Leiter der Abteilung Waldökologie bei der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg.
Vor allem die feuchtigkeitsliebende Gemeine Fichte wird zunehmend Probleme bekommen. Dass die Fichte zurzeit 28 Prozent der Bäume im deutschen Forst stellt, ist die Folge großflächiger Aufforstungen im frühen 19. Jahrhundert und nach dem Zweiten Weltkrieg. Die schnell wachsende Fichte wurde rasch zum Dauer-Brotbaum der Waldeigner.
Seine Nachteile zeigten sich bald. Die Fichte, in Deutschland von Natur aus nur in feucht-kühlen Bergmischwäldern heimisch, beschattet und versauert als Plantagenbaum die Böden und ist in vollem Nadelkleid und mit flachen Wurzeln den Winterstürmen fast wehrlos ausgesetzt. Die Monokulturen (Foto: dpa/Rüsche) sind zudem anfällig für diverse Borkenkäfer. »Willst du einen Wald vernichten, pflanze Fichten, Fichten, Fichten« – so lautet eine bittere Erkenntnis der Förster.
Doch nun sieht es so aus, als werde der Klimawandel die Waldbausünden der Vergangenheit rückgängig machen. Das wiederum wirft die Frage auf, was anstelle der Fichte wachsen soll. Ökologisch orientierte Förster setzen auf den Umbau zu standortgemäßen Mischwäldern mit heimischen Gehölzen. Andere bringen einen Nadelbaum aus Nordamerika ins Spiel: die Große Küstentanne (Abies grandis). Für ihren Anbau werben Forstwissenschaftler des Forschungsverbundes »Buche-Küstentanne«. Dahinter verbirgt sich eines von 25 Verbundprojekten, die zum Förderschwerpunkt »Nachhaltige Waldwirtschaft« vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gehören.
Die Nadeln der Küstentanne sind so lang und dicht, dass sie in ihren ersten Lebensjahren oft als Weihnachtsbaum endet. Bleibt ihr das erspart, bildet sie zusammen mit Artgenossen jährlich 18 bis 24 Festmeter neues Holz pro Hektar – mehr als doppelt so viel wie die Kiefer unter vergleichbaren Bedingungen und rund fünfzig Prozent mehr als die Fichte. Sie kommt zudem auch besser als Letztere mit der Trockenheit zurecht.
Nach Ansicht des Forschungsverbundes zeigen Anbauversuche, dass sich die anspruchslose, anpassungsfähige und anfangs schattenverträgliche Küstentanne gut mit heimischen Baumarten wie der Buche mischen lässt und den Ökosystemen zuträglich ist: Sie übernutze ihre Standorte nicht und erweise sich als wenig anfällig gegen Krankheiten oder Sturm – eine Eier legende Wollmilchsau sozusagen.
»Der Lobgesang auf die Küstentanne ist natürlich sehr optimistisch«, urteilt Jürgen Bauhus, Professor für Waldbau an der Universität Freiburg. Nur sei fraglich, ob sich Erkenntnisse von den Versuchanbauten auf große Flächen übertragen lassen.
Internet: www.nachhaltige-waldwirtschaft.de/Verbund...
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