Blackwater-Söldner im Visier
Europarat fordert schärfere Kontrolle privater Militärfirmen
Frühestens Anfang kommenden Jahres soll vor einem Bundesgericht in den USA der Prozess gegen fünf Angehörige der Sicherheitsfirma Blackwater wegen der Tötung von Zivilisten in Irak beginnen, berichtete die »Washington Post« jetzt. Der Fall hatte für Schlagzeilen gesorgt und die Beziehungen zwischen Washington und Bagdad erheblich belastet. Die Ermittler werfen den Männern im Alter zwischen 25 und 29 Jahren vor, im September 2007 auf dem Nissur-Platz in Bagdad ohne Grund mindestens 14 Iraker erschossen und weitere 22 verletzt zu haben. Alle seien unbewaffnet gewesen. Die Söldner fühlten sich angegriffen und erklären sich für nicht schuldig.
Blackwater Worldwide, 1997 von Erik Prince, einem ehemaligen Angehörigen der United States Navy Seals, gegründet, ist die größte private Sicherheits- und Militärfirma der USA, ihr Training Center in Moyock (North Carolina) mit 24 Quadratkilometern der größte private Schießplatz des Landes. Geld verdient die Firma mit Sicherungs- und Logistikaufgaben für staatliche Stellen oder Öl- und Rohstofffirmen sowie vor allem als militärischer Dienstleister im Ausland, vorzugsweise für Behörden der USA und stärker denn je im bisherigen Anti-Terrorkrieg der Bush-Regierung. Größter Auftraggeber ist das Außenministerium. Doch nicht nur der Schutz von US-Botschaften gehört zu den Aufträgen.
Die deutsche Waffenschmiede Heckler & Koch etwa hat eine »strategische Partnerschaft« mit der weltgrößten Söldnerfirma vereinbart, liefert den irakischen und afghanischen Regierungen Gewehre, und Blackwater organisiert die Ausbildung der dortigen Sicherheitskräfte. Mitglieder der Privatarmee aus aller Herren Länder kann man in vielen Konfliktregionen dieser Welt zwischen Somalia, Irak und Afghanistan finden. Lange Zeit agierten sie im juristischen Niemandsland – immun gegen das Recht am Einsatzort und unbehelligt von US-amerikanischen Gerichten. Reguläre Soldaten unterliegen normalerweise dem Kriegsrecht der Genfer Konvention, bei Söldnern ist die Rechtslage dagegen unklar.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg hat US-amerikanische Unternehmen wie Blackwater und Lockheed oder die britische Firma Aegis im politischen Visier, wenn er eine stärkere rechtsstaatliche Kontrolle dieser Branche fordert. Sie setzte im Vorjahr 200 Milliarden Dollar um. Inzwischen sind in mehr als 100 Ländern über eine Million Söldner, Wachleute, Geheimdienstler oder Leibwächter für rund 1000 Unternehmen tätig.
Solche Militärfirmen sind profitorientiert, sie leben von gewalttätigen Auseinandersetzungen und haben kein Interesse daran, Kriege abzuwenden und Konflikte friedlich zu lösen. Das staatliche Gewaltmonopol werde nicht nur durch Warlords in Afrika oder Afghanistan, sondern auch durch den Einfluss von Konzernen bedroht, die mit Militär und Polizei Geschäfte machen, sagt Wodarg. In den USA etwa muss die Regierung den Kongress über Aufträge unter 50 Millionen Dollar gar nicht erst unterrichten. Im Grunde legitimierten Parlamentsabgeordnete mit pauschalen Beschlüssen Regierungen, obskure Dinge zu tun. Der stellvertretende Leiter der Bundestagsdelegation fordert deshalb in seinem Bericht an die Parlamentarische Versammlung des Europarats eine Charta, die auf eine rechtsstaatliche Aufsicht der Branche zielt und die parlamentarischen Kontrollrechte stärkt. Sie soll Mindeststandards für Zulassung und Tätigkeit dieser Privatunternehmen festlegen und das nationale und internationale Recht so »harmonisieren«, dass die Zeit der Straflosigkeit für Söldner endlich vorbei ist. Der Politische Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung hat einen entsprechenden Antrag zu »Privaten Militär- und Sicherheitsfirmen« mit Empfehlungen an die Parlamente und Regierungen der 47 Mitgliedsländer des Europarates einstimmig angenommen.
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