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Wie geht es den Opelanern?
Mitarbeiter beklagen schlechte Informationspolitik des Konzerns / Jürgen Hinkel ist stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats im Eisenacher Opel-Werk
ND: Herr Hinkel, wie ist die Stimmung am Opel-Standort Eisenach?
Hinkel: Die Nachrichten der letzten Tage haben die Belegschaft sehr verunsichert. Vor allem, weil uns bislang noch keine Antworten darauf gegeben wurden, wie es weitergeht.
Gibt es Kritik an der Konzernleitung von Opel, dass zu wenig informiert wird?
Ja. Natürlich kann der normale Mitarbeiter nicht einschätzen, was jetzt der beste Weg ist. In den Zeitungen melden sich überall Leute zu Wort. Die einen sagen, es geht auch gemeinsam mit General Motors, die anderen sagen, es geht nur alleine, die nächsten sagen, es geht nicht ohne. Also wird die Belegschaft hin- und hergerissen, ohne dass ihr die Konzernführung sagt, was denn wirklich der richtige Weg ist. Insofern ist die Unsicherheit in den letzten Tagen immer größer geworden. Jetzt gibt es vom Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats, Klaus Franz, die Äußerung, dass man ein europäisches Modell bevorzugt und daran arbeitet. Das soll am Freitag vom Aufsichtsrat vorgestellt werden.
Ist der Betriebsrat noch der Meinung, eine Bürgschaft vom Staat würde zur Rettung reichen?
Klar ist nur, dass Opel immer noch Hilfe benötigt. Die Fragen, die sicherlich am Freitag beantwortet werden, sind: a) wie wird abgesichert, dass Gelder nicht nach Amerika fließen, und b) wie sieht das Konzept aus, um überleben zu können. Vorher wird es sicherlich keine Bürgschaft geben.
Auch die Trennung von General Motors wird diskutiert. Ist die überhaupt möglich?
Ja, möglich ist das, aber auch sehr schwierig, weil es ein stark verflochtener Konzern ist. Das sind nicht nur Produktionsstätten, sondern auch Forschung, Entwicklung, Verkauf und andere Dinge. Ich denke, dass dieser Schritt nur als europäische Lösung möglich ist. Insofern würde ich ein Konzept akzeptieren, das europaweit versucht, sich etwas von General Motors abzunabeln. Ganz wird man sich sicher nicht trennen können.
Klaus Franz sagte auch, dass es wohl nicht ohne Kündigungen gehen wird. Hat Sie das überrascht?
In dieser Klarheit schon. Trotzdem gibt es die Aussagen, dass man ein Konzept erarbeiten will, das ohne Werkschließung auskommt und ohne Entlassungen. Vielleicht wird dann mit neuen Partnern und Investoren zusammengearbeitet. Ob es die gibt, weiß ich nicht. Natürlich muss man vor dem Hintergrund, dass wir überproduzieren, auch realistisch sein.
Um das Werk in Eisenach mit rund 1900 Mitarbeitern soll es gar nicht so schlecht stehen, weil es relativ modern ist. Wie stark ist die Solidarität etwa mit Bochum, oder kämpft jeder für sich?
Im Augenblick versuchen wir das gemeinsam zu machen. Dafür gibt es den europäischen und den Konzernbetriebsrat. Da werden alle Aktionen miteinander besprochen. Man versucht ja auch in der Politik zusammenzuarbeiten, indem die vier betroffenen Bundesländer nach gemeinsamen Lösungen suchen.
Liegt auf dem Betriebsrat auch Druck, der Geschäftsleitung irgendein Angebot zu machen?
Nein, jedenfalls nicht in Eisenach. Bevor man über ein Angebot nachdenkt, muss der Belegschaft ohnehin erst einmal eine Perspektive gegeben werden. Ich kann ja den Kollegen nicht sagen, wir verzichten auf dieses und jenes, damit es weitergeht. Das kann ich als Betriebsrat nur tun, wenn ich auf der anderen Seite den Kollegen eine Perspektive aufzeigen kann. Da hoffen wir jetzt alle auf Freitag.
Fragen: Oliver Händler
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