Geheimbund mit Nachwuchssorgen
Deutscher Druiden-Orden schaltet Anzeigen und gibt sich weltoffen
Die Mitglieder des Deutschen Druidenordens tragen keinen langen Bart oder brauen Zaubertrank wie der gallische Comic-Druide Miraculix. Sie machen einen gut bürgerlichen Eindruck. Im Berliner Logenhaus sieht man auch keine in Tierfelle gekleideten Neo-Germanen, die um ein Lagerfeuer herum sitzen. Nein, der 1781 in London gegründete Orden gibt sich durch und durch seriös.
Alle zwei Wochen treffen sich die Brüder jedoch mit schwarzem Anzug und weißer Krawatte zum gemeinsamen Vortragsabend. In der geheimen so genannten »inneren Loge«, die nur die Druiden betreten dürfen, halten die Brüder Referate zu ihnen wichtigen Themen: »zur Förderung des Humanismus, der Brüderlichkeit, der Nächstenliebe, der Toleranz und dem Schutz der Menschenrechte«, wie es in den Vereinsstatuten heißt.
Die Geheimhaltung der »Inneren Loge« sei aber nicht gefährlich, meint Matthias Pöhlmann von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Sie sei vielmehr Tradition und entspringe der Zeit, als die Druiden im absolutistischen Europa noch verfolgt wurden. Auch zur Nazi-Zeit und in der DDR waren ihre Logen verboten. Heute sind die Druiden zwar frei, aber es mangelt dem Orden an Nachwuchs. Daher entschlossen sie sich, in mehreren deutschen Tageszeitungen Anzeigen zu schalten, um zu den offenen Informationsabenden einzuladen.
Auch an den Druiden-Festen dürfen Außenstehende genau so teilnehmen wie die Ehefrauen der Druiden. »Wir sind ja keine Oberlehrer, als wären wir etwas Besonderes. Wir sind ganz normale Männer, die sich über das Stammtisch-Niveau hinaus orientieren. Natürlich wird bei uns auch mal etwas getrunken, aber eben alles im Normalen«, versichert der erste Vorsitzende der Großloge Berlin-Brandenburg, Gerd Schultz, rituell auch »Edelerz« genannt. Der ehemalige Gerichtsvollzieher ist auch Mitglied einer Kirchengemeinde. Doch das christliche Angebot in Sachen Männerarbeit reichte ihm nicht, sagt er.
»Wir haben das Problem wie fast alle Vereine, dass die Menschen sich nicht binden wollen. Karteileichen sind für uns uninteressant, auch wenn wir da Beiträge kassieren. Wir legen Wert darauf, dass der Bruder regelmäßig zu den Logenabenden erscheint«, erläutert Schultz.
Druiden wollen sich ihren Statuten folgend sozial engagieren und für wohltätige Zwecke spenden. Darüber hinaus verleiht der Deutsche Druidenorden seit 1985 einen Preis zur Anerkennung für herausragende staatsbürgerliche, wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen. Preisträger waren unter anderen der Journalist Eduard Zimmermann (Aktenzeichen XY, Der weiße Ring) und der Theologe Hans Küng (Projekt Weltethos).
Auch wenn die innere Loge geheim ist und nichts daraus nach außen dringen darf, so kursieren doch Informationen über das druidische Treiben. So soll in der Mitte des intimen Männerraumes als Sinnbild der Festigkeit des Ordens ein Druidenstein stehen. Die lodernde Flamme symbolisiert das Licht der Erkenntnis, Herzenswärme und Seelenreinheit. Eine Eiche versinnbildlicht die Kraft, die Mistel ewige Erneuerung und Jugend. Weitere Symbole wie Sichel und Harfe stehen für zielbewusste Arbeit, Harmonie und Frieden. Ein wenig darf man sich also doch an Asterix und Obelix erinnert fühlen.
Heute existieren in Deutschland rund 60 Druidenlogen mit insgesamt etwa 3000 Mitgliedern. Vorbilder und Namensgeber sind die keltischen Druiden, die als die Weisen der Dorfgemeinschaft galten. Und anders als bei den Freimaurern muss ein Druide nicht mehr unbedingt Christ sein. Zwar ist die Mitgliedschaft auch unabhängig von Religion, Nationalität oder politischer Anschauung, doch Extremisten dürfen hier kein Zuhause finden.
Auch wenn die Mitgliederzahlen bisher bescheiden sind, so scheinen die männerbündlerischen Vereinigungen der Druiden oder Freimaurer doch einer gewissen maskulinen Sehnsucht zu entsprechen. »Neuere Untersuchungen über die so genannte neue Männerspiritualität zeigen, dass das Bedürfnis, im geschützten Raum Gespräche über Ethik, über Wirtschaft, auch über literarische und schöngeistige Dinge zu führen, sehr ausgeprägt ist«, meint Mat-thias Pöhlmann. »Es ist interessant für Männer, die nach einem neuen Rollenverständnis suchen.«
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