Überforschter Schabowski

  • René Heilig
  • Lesedauer: 1 Min.

Man traut sich kaum noch, eine Heringsdose zu öffnen – vor lauter Angst, Günter Schabowski könnte herausschauen und zum 123 897. Mal die sofortige Reisefreiheit für DDR-Bürger verkünden. Doch immer, wenn man meint, darüber geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Gerücht daher. Das jüngste suggeriert eine abgesprochene Aktion: Jemand aus dem ZK-Verein der SED (oder war's doch nur jemand im Vorzimmer von ADN-Chef Pötschke?) habe dem italienischen Korrespondenten die letztlich weltumwälzende Frage nach der Reisefreiheit ins Ohr geflüstert, damit Schabowski sagen konnte, was ihm jemand auf einen Fast-Kassiber geschrieben hat.

Für alle, die es nach 20 Jahren noch nicht wissen sollten, warum Schabowski beim Vorlesen so gestottert hat: Der Text war in kyrillischen Buchstaben geschrieben, weshalb auch die Schabowski sonst geläufige Unterschrift »einverstanden E. H.« so schwer entzifferbar war ...

Mal ernsthaft. Unter deutschen Historikern geht die Meinung um, dass einige Etappen der DDR-Geschichte inzwischen »überforscht« seien. Falls es so etwas überhaupt gibt, dann trifft das auf Schabowski & Co. zu. Dabei ist vieles aus dem Alltag der untergegangenen deutschen Republik weitaus wichtiger, um es in die Regale der Weltgeschichte einzureihen.

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