Das Konzept Vattenfall
Berlin-Pläne des schwedischen Konzerns debattiert
Während das störanfällige Atomkraftwerk Krümmel für Schlagzeilen sorgt und der Atomausstieg ein Wahlkampfthema ist, wird in Berlin das Energiekonzept von Vattenfall für die Hauptstadt diskutiert. Ausgerechnet Vattenfall. Der schwedische Konzern ist nicht nur der Betreiber des Pannenreaktors im schleswig-holsteinischen Geesthacht, sondern hat auch eine Monopolstellung für die Energieerzeugung in Berlin.
Vattenfall stellte im März seine Pläne für Berlin vor, und selbst der BUND-Landesgeschäftsführer Andreas Jarfe nannte es am Dienstagabend vor Journalisten »ambitioniert«. Demnach verzichtet der Konzern künftig auf neue Kohlekraftwerke und setzt vermehrt auf Erdgas als Brennstoff, das weniger Kohlendioxid (CO2) emittiert. Vattenfall will dadurch den jährlichen CO2-Ausstoß bis 2020 um eine Million Tonnen auf 6,5 Millionen Tonnen senken.
In Lichterfelde werde eine neue Anlage mit einer effizienten Gas- und Dampfanlage geplant, sagte Klaus Pitschke vom Konzernvorstand. Zudem wolle Vattenfall nach der Stilllegung des Kohlekraftwerks Klingenberg in zwei Jahren eine gasbetriebene Anlage in Marzahn-Hellersdorf bauen. Um die Abschaltung vollständig kompensieren zu können, sollen darüber hinaus zwei Biomasse-Kraftwerke errichtet werden, die insgesamt 150 Megawatt Leistung erzeugen. Dafür seien jährlich 400 000 Tonnen nachwachsende Rohstoffe erforderlich, die aus einem Umkreis von 200 Kilometern kommen sollen, sagte Werner Süss, Vattenfall-Manager für Berlin.
Auch Katrin Lompscher (LINKE) findet Vattenfalls Pläne ein Schritt in die richtige Richtung. Die Umweltsenatorin bekräftigte am Dienstag noch einmal die Vorgaben des Kyoto-Protokolls von 1990, wonach der jährliche CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent reduziert werden solle. Um das zu erreichen, will die Senatorin den Energiebedarf senken, effizientere Kraftwerke bauen und auf erneuerbare Energien setzen. Lompscher war zuletzt in die Kritik geraten, weil sie kein eigenes Energiekonzept entwickelt hatte. Der schwedische Konzern bestimme die Agenda, bemängelte im März Michael Schäfer, der Energieexperte der Grünen.
Vattenfall will indes bis 2050 in Berlin den CO2-Ausstoß bis auf 50 Prozent im Vergleich zu 1990 drosseln und verspricht eine klimaneutrale Energieerzeugung. Auf einen Brennstoffmix könne der Konzern aber auch künftig nicht verzichten, sagte Klaus Pitschke. Neben erneuerbaren Energien setze Vattenfall in Europa weiterhin auf Kernenergie und Kohlekraftwerke und zieht damit die Zweifel der Umweltschützer auf sich: »Auch wenn sich Vattenfall in Berlin für den Klimaschutz ausspricht, wird die destruktive Energiepolitik anderswo fortgesetzt«, sagte Andreas Jarfe. Atomkraft sei nicht sicher und saubere Kohle durch eine unterirdische CO2-Einlagerung noch nicht erprobt. Der BUND setzt wie Senatorin Lompscher künftig vermehrt auf erneuerbare Energien.
Angesichts der drohenden Klimakatastrophe gibt sich Vattenfall-Manager Pitschke versöhnlich: »Wir sind als Energieerzeuger Teil des Problems«, gestand er ein. Vattenfall wolle deshalb auch Teil der Lösung sein. Öffentliche Förderungen für eine umweltfreundliche Technik, von der Lompscher sprach, dürfte die Entscheidungen Vattenfalls ebenfalls beeinflussen: Alle neuen Kraftwerke sollen nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) funktionieren, das eine hohe Umweltverträglichkeit gewährleistet. Die Bundesregierung fördert die KWK mit 1,5 Cent je Kilowattstunde.
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