Kuba und der Ton des Weißen Hauses
Trotz Castros Verhandlungsangebots und Obamas Vorsätzen gibt es noch keine Annäherung
Auch in der zwei Wochen danach veröffentlichten Analyse – er sitzt nach wie vor tagtäglich Stunden vor dem Computer, grast das Internet ab oder liest die neuesten internationalen Nachrichten –, lag er offensichtlich richtig. Obama, schrieb Fidel Castro damals, müsse sich nicht nur mit den Kontrahenten der Republikanischen Partei herumschlagen. Ihm würden ebenso kraftraubende Balanceakte mit den Rechten und Rassisten in der eigenen Partei abverlangt.
Unlängst fragte die mexikanische Tageszeitung »La Jornada«: »Wer regiert eigentlich in Washington? Das Weiße Haus, das State Department oder das Pentagon?« »La Jornada« führt den Putsch in Honduras an, zu dem das Weiße Haus als nahezu einzige Regierung der Welt keine scharfe Verurteilung formulierte. Es kam lediglich ein windelweiches »Wir glauben, dass der Staatsstreich nicht legal ist.« Inzwischen weiß man, dass US-Militärs den Coup mit vorbereitet haben.
Und Hillary Clinton, von der Presse in Washington zweimal gefragt, »ob die Wiederherstellung der demokratischen Ordnung in Honduras ohne die Wiedereinsetzung von Präsident Manuel Zelaya möglich wäre«, verweigerte beide Male eine Antwort. Das hat Obama, der ja eine neue verständnisvolle Politik mit seinen südlichen Nachbarn anstreben wollte, viel Kredit gekostet, und jetzt, nachdem es beschlossene Sache ist, dass das Pentagon in Kolumbien sieben Militärbasen etablieren wird, ist die Stimmung an einem Tiefpunkt angelangt.
»Diese Militärbasen gefallen mir als Präsident Brasiliens überhaupt nicht, weil sie auf unserem Subkontinent erneut ein Klima der Unruhe verbreiten werden«, sagte Luiz Inacio Lula da Silva in Ecuador, wo er an der 200-Jahrfeier des ersten Aufrufs zum Befreiungskampf gegen die spanischen Kolonialmacht teilnahm. Venezuelas Präsident Hugo Chavez, Nachbar Kolumbiens, der von Washington nach Fidel Castro zum Hauptfeind geadelt wurde, »riecht Krieg«.
Staatschef Raul Castro, der ebenfalls in Ecuadors Hauptstadt Quito war, bestätigte Obama persönliche Integrität und bot ein weiteres Mal Verhandlungen zwischen Havanna und Washington an: »Wir können über alles reden, wenn kein Schatten auf unsere Souveränität fällt. Von Gleich zu Gleich. Doch wieso fordern die USA als Voraussetzung für Verhandlungen Gesten von unserer Seite?« fragte er. Es sei beinahe dieselbe Tonart wie unter George W. Bush, »wenn auch ohne dessen Aggressivität und unsägliche Arroganz«. Wer macht denn die Blockade gegen Kuba? Und ohne ein gerechtes Urteil für die Miami Five, das heißt ihre Freilassung, sei an Normalisierung der Beziehungen sowieso nicht zu denken.
Völligen Stillstand gibt es allerdings nicht. Die letzten von Bush jun. befohlenen Reisebeschränkungen für Kubano-Amerikaner wurden eliminiert, ebenso die Grenze für private Geldüberweisungen nach Kuba. Die von Bush vor sechs Jahren kommentarlos abgebrochenen Emigrationsverhandlungen nahmen wieder ihren Fortgang mit »konstruktiven Ergebnissen«.
Die Interessenvertretung der USA in Havanna hat ihre meterhohen Leuchtstoffröhren mit Nachrichten, die die Kubaner gegen ihre Regierung aufwiegeln sollten, ausgeschaltet, und Kuba hat im Gegenzug polemische Wandmalereien rund um die Interessenvertretung entfernt. Vielmehr war bisher nicht. Jetzt gerade hat die kubanische staatliche Lebensmittelimportfirma Alimport sich neue Partner suchen müssen – trotz der »Seriosität der amerikanischen Unternehmer, der ausgezeichneten Qualität ihrer Produkte und der geografischen Nähe«. Aber die hohen Lebensmittelpreise, die weltweite Finanzkrise und die für Kuba kostspielige und unvorstellbar komplizierte Blockadebürokratie machen einen einigermaßen normalen Handel nahezu unmöglich. Nach Obamas Amtsantritt wurden sogar einige Erschwernisse hinzugefügt.
Die Union Südamerikanischer Staaten könnte noch in diesem Monat auf Vorschlag der argentinischen Präsidentin Cristina Kirchner de Fernández ihre Außen- und Verteidigungsminister nach Buenos Aires bitten, um über die US-amerikanischen Militärbasen in Kolumbien oder anderswo auf dem Subkontinent zu diskutieren. Außer Kolumbiens Präsident, dem Ultrakonservativen Alvaro Uribe, will sie keiner, vielleicht noch der Peruaner Alán García. Sie würden immer Sand im Getriebe der sich anbahnenden Integration sein. Bogota hat nach anfänglichem Sträuben seine Teilnahme zugesagt. Höchstwahrscheinlich aber eher um zu versuchen, die Notwendigkeit US-amerikanischer Militärbasen auf seinem Territorium zu begründen.
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