Liebeserklärung an unseren Planeten
Das Klimahaus in Bremerhaven bietet dem Besucher eine einzigartige Reise rund um die Welt
Wer das Klimahaus betritt, erlebt eine opulent ausgestaltete Reise durch die Klimazonen der Welt und zu den dort lebenden Menschen. Entlang des achten Längengrads bewegen sich die Besucher von Bremerhaven aus in die Schweizer Berge, das mediterrane Sardinien, die Wüsten Nigers und den Regenwald Kameruns bis zur eisigen Antarktis. Weiter geht es auf der anderen Seite der Erdkugel über das tropische Samoa, das kühle Alaska und die deutsche Hallig Langeneß zurück nach Bremerhaven. Quasi im Schnelldurchgang beobachtet und erfühlt man die klimatischen Verhältnisse der Welt und auch die dort in Jahrhunderten gewachsenen Kulturen.
Das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven haben für das vierstöckige Klimahaus mit seiner Vielfalt von Exponaten rund 100 Millionen Euro investiert. Das Konzept trifft mit Sicherheit einen zentralen Nerv der Zeit. Als weltweit einmaliges Wissens- und Erlebniszentrum werden hier auf einer Fläche von 11 500 Quadratmetern Daten, Fakten und Phänomene rund um die Themen Klima, Klimawandel und Klimaschutz präsentiert, und zwar wissenschaftlich fundiert und spannend aufbereitet. Ein solches Riesenangebot kann die in Scharen strömenden Besucher durchaus überfordern. »Das ist eine richtig spannende Reise«, sagt Martina Weber aus Lörrach. »Wenn man sich manches so anguckt, dann ist man doch froh, dass man da nicht leben muss.« Allzu oft fehlten ihr aber eine klare Orientierung und nähere Erläuterungen.
Arne Dunker, der Geschäftsführer der privaten Betreibergesellschaft des Klimahauses, kennt die Kritik. Es handle sich um einen »völlig neuen Typus« von Ausstellung. »Wir verschmelzen hier eine Vielzahl einzelner Ausstellungselemente zu einem Gesamterlebnis«, stellt er fest und verweist auf die Mixtur aus inszenierten Klimaräumen, Experimentierstationen, lebendigen Tieren in Großaquarien, Multimediastationen, Dokumentarfilmen und originalen Einrichtungsgegenständen. »Wir erzeugen ein facettenreiches Geschehen, das durch vielfältige Vermittlungsansätze beleuchtet wird«, betont Dunker. Mit einem geduldigen Entdecken und gezielten Auswählen sei der Besuch sinnvoll zu gestalten. »Die vielen Angebote reichen locker für anderthalb Tage.«
Wer sich inmitten der überwältigenden Vielfalt in die Haltung eines aufmerksamen Flaneurs begibt, der wird reichlich belohnt. Dann entsteht durch das Nach- und Nebeneinander der unterschiedlichen Lebensräume eine Verlockung, das Verbindende aufzuspüren – die globale Menschheit, die mit mehr oder weniger großen Mühen ihren Alltag bewältigt. Überall im Klimahaus finden sich eindrucksvolle Fleckchen, an denen das Einfühlen angeregt wird.
Dass die Angebotspalette mit den neun Stationen rund um die Welt längst nicht ausgeschöpft ist, bleibt anzumerken. Die Elemente Erde, Feuer, Luft und Wasser sind noch zu entdecken. Und auch die Perspektiven haben Eindrucksvolles zu bieten, obwohl hier wie anderswo noch einige Leerstellen für Irritationen sorgen können. So ist das Wetterstudio ebenso wie die Abteilung Chancen noch nicht eröffnet, an zahlreichen Ausstellungselementen prangt das Schild »Dieses Exponat wird für Sie bearbeitet«, manche Informationsstation bleibt beim Knopfdruck stumm. Und auch die Besucherführung müsste noch überarbeitet werden.
Wie selbstverständlich bemühen sich die Konstrukteure des Klimahauses um ein möglichst klimaschonendes Energiekonzept. Das verlangt in dem architektonisch aufwendigen Gebäude mit seiner gläsernen Außenhülle einige Anstrengungen mit Hilfe von Wärmerückgewinnung, Bodenkühlung und Energiepfählen zur Wärmeleitung. Der Strom soll vollständig aus regenerativen Quellen kommen.
Noch nicht ausgestanden sind die finanziellen Verpflichtungen, die sich für das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven aus den neu gebauten »Havenwelten« ergeben. Schließlich wurden hier für das Klimahaus, das Deutsche Auswandererhaus und eine aufwendige Infrastruktur weit mehr als 300 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln investiert.
Gleichwohl: Bob Geldof nannte das Klimahaus während der Eröffnungsfeier »eine Liebeserklärung an unseren Planeten«. Damit dürfte der Popstar und Dritte-Welt-Aktivist den Kern getroffen haben.
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