Nazis ignorieren Demoverbot
Rechtsextremisten wollen am 5. September durch Dortmund marschieren
Den Bürgern Dortmunds droht am 5. September zum wiederholten Mal ein Großaufmarsch von Rechtsextremisten. So mobilisieren die Autonomen Nationalisten ihre Anhängerschaft bereits zum fünften Mal in Folge zu einem »Nationalen Antikriegstag«, bei dem sie in der Vergangenheit die Parole »Nie wieder Krieg? Nach unserm Sieg!« propagierten.
Dortmunds Polizeipräsident Hans Schulze (SPD) ließ den Aufmarsch vorerst verbieten, nachdem die Neofaschisten europaweit mobilisierten. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Verbot bestätigt. Antifaschisten fürchten jedoch eine Aufhebung des Verbotes durch übergeordnete Gerichtsinstanzen.
Dortmunds Neonaziszene gilt mittlerweile als eine der aktivsten in ganz Nordrhein-Westfalen. Vor allem bei aktionsorientierten Jugendlichen genießen die Rechtsextremen Zuspruch, was nicht ohne Wirkung blieb. Regelmäßig kam es in der Vergangenheit zu Anschlägen, die sich gegen Privatwohnungen und Treffpunkte von Antifaschisten, das Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (LINKE) oder die Geschäftsstelle der Grünen richteten. Einen Höhepunkt der Gewalt stellte der Angriff von etwa 400 Neofaschisten auf die diesjährige 1. Mai-Demonstration des DGB dar, bei der maßgeblich türkische und kurdische Gewerkschaftsmitglieder verletzt wurden (ND berichtete).
Etwa 150 Organisationen aus der Antifa- und Friedensbewegung sowie Landtags- und Bundestagsabgeordnete rufen nun zur Teilnahme an einer bundesweiten Demonstration »Dortmund stellt sich quer!« auf. Am 5. September will man so den drohenden rechten Aufmarsch verhindern. Die Dortmunder Polizei hat die angemeldete Route der Antifaschisten jedoch de facto verboten. Sowohl eine Abschlusskundgebung im Stadtteil Dorstfeld, in dem sämtliche Nazikader der Stadt in Wohngemeinschaften zusammenleben, als auch eine Demonstration über den in der Innenstadt gelegenen Wallring wurden untersagt. »Es wirkt mittlerweile, als wolle die Polizei nicht gegen die Neonazis vorgehen«, konstatiert Heinrich Fink, Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA).
»Wir werden gegen dieses Vorgehen der Polizei Klage einreichen«, empört sich Wolfgang Richter, Alterspräsident des Dortmunder Stadtrates und einer der Demoanmelder. Schließlich sei dem Bündnis die Abschlusskundgebung auf dem Wilhelmplatz absurderweise mit der Begründung verboten worden, dass dort bereits eine antifaschistische Kundgebung stattfinde. Diese wird jedoch von der »Aktion 65 plus« veranstaltet, deren Mitglieder den Faschismus als Kinder noch hautnah erlebten.
»Wir würden es sehr begrüßen, wenn unser Anliegen unter dem Motto ›Wir haben es erlebt! Nie wieder Faschismus!‹ von vielen jungen Antifaschisten unterstützt wird«, erklärte Ulla Richter, Sprecherin der Aktion, gegenüber ND.
Unterdessen gab Peter Neuhaus, einer der Sprecher des Bündnisses »Dortmund stellt sich quer!«, bekannt, dass es am 5. September definitiv zu einer bundesweiten antifaschistischen Demonstration komme, die sich gleichermaßen gegen die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft und völkerrechtswidrige Angriffskriege richten werde. »Dass der Polizeipräsident einer Stadt, in der seit dem Jahr 2000 drei Polizisten und ein Punk von Neonazis ermordet wurden, statt gegen die rechten Gewalttäter maßgeblich gegen eine antifaschistische Demonstration vorgeht, ist nahezu einmalig«, so Neuhaus. Als »Provokation« bezeichnete es Ulla Jelpke, dass aus der gesamten Republik Busse zu der Antifa-Demo erwartet würden und der Polizeipräsident nur eine etwa zehnminütige Route genehmigt hätte.
Neben dem Bündnis »Dortmund stellt sich quer!« mobilisiert auch ein sogenanntes S5-Bündnis gegen den drohenden Naziaufmarsch. Es wird maßgeblich von »Antideutschen« dominiert. In einer Erklärung, die unter anderem von Ulla Jelpke und Heinrich Fink unterzeichnet wurde, werfen die Antifaschisten den »Antideutschen« perfide Positionen und die gezielte Diffamierung antifaschistischer Gruppen vor, die selbst in einem breiten Bündnis keinen Platz mehr hätten. So wolle das S5-Bündnis nicht darauf verzichten, Fahnen von Krieg führenden Staaten wie den USA und Israel zu zeigen. Eine Zusammenarbeit komme daher nicht infrage, heißt es in der Erklärung weiter.
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