Dänen sollen länger arbeiten

Kommissionsvorschläge für den Papierkorb

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach zwei Jahren Arbeit hat eine von der dänischen Regierung eingesetzte Kommission ihre Empfehlungen vorgelegt, wie das drohende demographische Problem auf dem Arbeitsmarkt zumindest gemildert werden kann. Statistische Berechnungen zeigen, dass der Anteil älterer und pensionierter Personen steigt, während die Zahl der Arbeitsfähigen fällt.

Die wichtigsten Empfehlungen des Berichts: Vorruhestandsregelungen für Personen ab 62 Jahre sollen abgeschafft, die Arbeitslosenunterstützung auf zwei Jahre halbiert und das Rentenalter heraufgesetzt werden. Nur so könne nach Kommissionsansicht eine ausreichende Zahl an Arbeitskräften gesichert werden. Um den Sozialstaat im Kern erhalten und finanzieren zu können, müssten in den nächsten zehn Jahren mindestens 50 000 Personen mit hohem oder 100 000 mit niedrigerem Lohneinkommen mehr arbeiten als heute. Dänemark hat bereits eine relativ hohe Beschäftigungsquote von 77 Prozent (Anteil der Erwerbstätigen in der Gruppe der 16- bis 64-Jährigen) und rund 100 000 offiziell registrierte Arbeitslose. Zusätzliche Arbeitskräfte in oben genannter Zahl würden laut Bericht das erwartete Loch in den Staatsfinanzen von zwei Milliarden Euro decken, das entsteht, wenn der heutige Beschäftigungsgrad nicht erhöht wird. Das Defizit kann noch größer werden, falls beispielsweise die Einnahmen aus dem zur Neige gehenden Nordseeöl schneller als erwartet schwinden.

Die Kommission hat auch Überraschendes zu bieten. Etwa die Idee, Vorruheständler wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzulocken, ohne dass sie ihr Recht auf die Sozialleistungen verlieren. Weiterhin empfiehlt die Kommission eine bessere Ausbildung in kürzerer Studienzeit, denn ein hoch qualifizierter Däne arbeitet statistisch gesehen acht Jahre länger und zahlt mehr Steuern als ein Ungelernter.

Die Vorschläge wurden nur von wenigen bürgerlichen Politikern begrüßt. Dagegen lehnte die Vorsitzende der Sozialdemokraten, Helle Thorning-Schmidt, Änderungen bei Vorruhestandsregelungen jenseits bereits getroffener parlamentarischer Vereinbarungen ab. 2007 war beschlossen worden, das Vorruhestandsalter ab 2019 auf 63 heraufzusetzen. Sie wie auch der liberale Finanzminister Claus Hjort Frederiksen erinnern sich noch gut daran, dass vorzeitige Änderungen dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Poul Nyrup Rasmussen 2001 die Macht kosteten. Dieser wiederum verwies auf die veränderte Problemlage: In der jetzigen Krisensituation mit steigender Arbeitslosigkeit seien die Vorschläge der Kommission überholt.

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