Zwiespältiges Urteil über Abriss von Lauben

Kleingartenwesen

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Erneut wurde durch den Bezirksverband Charlottenburg der Kleingärtner e. V. ein Unterpächter einer Kleingartenanlage zum Rückbau der Aufbauten aufgefordert, obwohl der Vertrag 1960 geschlossen wurde und seit diesem Zeitpunkt auf der Parzelle lediglich Instandsetzungs-, Instandhaltungs- und Werterhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden, wie Rechtsanwalt JÜRGEN NAUMANN, Berlin-Mitte, betont.

Zunächst wurde durch den Bezirksverband, wie bei so vielen anderen Unterpächtern, eine Ratenzahlungsvereinbarung zur Vorauszahlung des Rückbaus bei Vertragsende abgeschlossen. Diese wurde jedoch von den Unterpächtern der Kleingartenanlage widerrufen. Insbesondere diesen Umstand hat dann der Bezirksverband Charlottenburg zum Anlass genommen, seine Forderungen gerichtlich durchzusetzen.

In einem aufwendigen Verfahren – es wurde ein Sachverständigengutachten abgefordert – blieb der Bezirksverband bei seiner Auffassung, dass die Unterpächter nach Vertragsbegründung ihre Laube im Wesentlichen abgerissen und neu erbaut hätten. Seinen Rechtsstandpunkt begründete der Bezirksverband mit der Selbstauskunft des Unterpächters aus dem Jahre 2004, dass eine Bebauung von ca. 40 qm gegeben ist und diese nach Begründung des Unterpachtvertrages vorgenommen wurde.

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat dem Rückbaubegehren des Bezirksverbandes stattgegeben und erklärt, dass die Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten über das normale Maß einer Werterhaltung hinausgegangen sind und somit der Bestandsschutz erloschen sei. Außerdem stellte es fest, »gegen die Bebauung der Beklagten spricht zudem, dass die Beklagten in einer Selbstauskunft aus dem Jahre 2004, die ... zu diesem Verfahren den Anlass gegeben hat, als Baujahr für die Aufbauten die Jahre 1961/1962 angegeben haben, wobei sie ohne Weiteres 1909 als Baujahr hätten angeben können, wenn es sich denn bei den aktuellen Aufbauten noch um die vom Vorpächter errichteten handeln sollte«. (Urteil vom 16. Juni 2009, Az. 206 C 20/08)

Die Unterpächter befinden sich im höheren Lebensalter und fühlen sich vom Bezirksverband für ihr Lebenswerk hintergangen, denn in den zurückliegenden Jahrzehnten fanden mehrfach Begehungen statt, und in keiner einzigen wurden Baumaßnahmen bemängelt. Die Begehungen wurden jedoch vom Bezirksverband bestritten.

Der gerichtliche Erfolg bleibt sehr fragwürdig, betont Naumann, denn bei einer Vielzahl von Unterpächtern lösen das Urteil und insbesondere die Vorgehensweise des Bezirksverbandes Unverständnis aus.

Naumann zieht verallgemeinerungswürdige Schlussfolgerungen für Pächter ggf. über Charlottenburg hinaus, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben:

- Ausgestellte Schätzprotokolle, Verträge u. a. m. müssen von jedem sehr exakt hinsichtlich der Richtigkeit überprüft werden. Wenn im Kaufvertrag eine Holzlaube aufgeführt ist, jedoch in Wirklichkeit eine Stein/Holz/-Laube errichtet wurde, muss das auch so vermerkt sein.

- Es ist Mode geworden, bei Unterpächtern eine Selbstauskunft abzufordern. Rechtlich bleibt fraglich, ob eine derartige Auskunft abgefordert werden kann, wenn die Unterpächter dies verweigern. Angaben zu den Aufbauten, zur kleingärtnerischen Nutzung u. a. m. sollten auch den tatsächlichen Sachverhalt wiedergeben. Die Angaben sollten überprüft werden. Von den abgegebenen Unterlagen sollten Durchschriften in den eigenen Ordner genommen werden. In der Jahreshauptversammlung der Anlage oder der Mitgliederversammlung oder im Vorstand muss vorher die Frage geklärt werden, wer derartige Auskunftsanforderungen benötigt und für welchen Zweck.

- Es sollte bei Wahlversammlungen, Delegiertenkonferenzen u. a. m. sehr gründlich überprüft werden, wer als Interessenvertreter der Anlage und der Kleingärtner gewählt wird. Es ist treuwidrig, wenn von Unterpächtern ein Rückbau von ca. zehn qm gefordert wird, jedoch Verantwortliche über bedeutend größere Aufbauten verfügen.

- Dringend wird geraten, wenn den Unterpächtern eine Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Vereinbarung zur Zahlung von Rückbauverpflichtungen vorgelegt wird, anwaltliche Hilfe, zumindest eine Beratung, in Anspruch zu nehmen.

Insgesamt bleibt es bedauerlich, dass derartige Auseinandersetzungen gerichtlich geführt werden und nicht die dafür in den Statuten und Satzungen festgeschriebenen Schiedskommissionen u. a. m. eingeschaltet werden. Darüber hinaus sollte auch nachgedacht werden, ob für alle derartigen Kleingartenstreitigkeiten ein Ombudsmann als Schlichtungsstelle sinnvoll ist.

Im genannten Fall bleibt es den Unterpächtern überlassen, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Kleingartenanlagen müssen in der Bundeshauptstadt und überall im Land geschützt und nicht durch unüberlegte Handlungen zerstört werden.

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