»Sie weichen aus – wir reisen hinterher«

Fest der NPD wird von Protest begleitet

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Das »Fest der Völker« findet zum vierten Mal statt. Frühere Standorte waren Jena und Altenburg. Wie ist es gelungen, das braune Festival aus diesen Städten zu verdrängen?
Christoph Ellinghaus: Nazis haben einen autoritären Charakter, der nur sehr schwer mit Niederlagen umgehen kann. Und es ist eindeutig eine Niederlage, wenn man wegen einer Blockade drei Stunden warten muss, bis man zu seiner Veranstaltung gehen kann. Wir haben den Nazis in den vergangenen Jahren diese Niederlagen zugefügt. Sie weichen auf kleinere Standorte aus. Wir reisen ihnen hinterher.

Das Verwaltungsgericht Gera gab dem Eilantrag der NPD, das Verbot gegen das »Fest der Völker« aufzuheben, statt. Am morgigen Sonnabend werden 1000 bis 2000 Nazis in Pößneck erwartet. Welche Aktionen sind geplant?
Es sind eine »Meile der Demokratie« mit zahlreichen Infoständen sowie Aktionen des zivilen Ungehorsams, beispielsweise gewaltfreie Blockaden, geplant. Die Evangelische Kirche wird zudem vor Ort einen Friedensgottesdienst abhalten. Mit dabei sein werden verschiedene Vereine, Aktionsbündnisse und Sozialverbände aus Thüringen. Wir rechnen mit 2000 bis 3000 Gleichgesinnten und mindestens 1000 Polizisten.

Unterstützen Stadtrat und Einwohner die Proteste gegen Rechts?
Diese Unterstützung gibt es, aber die Pößnecker sind durch das vom stellvertretenden NPD-Vorsitzenden Jürgen Rieger gekaufte Schützenhaus geschlagen. Das »Braune Haus« der Jenaer NPD wurde vor zwei Wochen geschlossen und jetzt weichen die Nazis nach Pößneck aus. Für die NPD ist das Schützenhaus ein organisatorisches Zentrum in der Region. Viele Pößnecker haben Angst vor den Nazis, die inzwischen vermehrt in ihre Stadt kommen.

Andererseits gibt es eine lange Geschichte des Protests gegen den Kauf des Hauses durch Rieger. Außerdem existieren Gruppen wie »Vielfalt in Pößneck« und »Courage in Pößneck«. Es fehlt in Pößneck nicht an Initiativen gegen Rechts, sondern noch an einer breiten Bewegung.

Wie soll das »Fest der Völker« wirkungsvoll gestört werden?
Wir wollen mit unseren Aktionen des zivilen Ungehorsams den Nazis zeigen, dass sie nicht die Vollstrecker einer schweigenden Mehrheit sind. Die Protestkundgebung hat sich in den letzten Jahren abgeschliffen. Bei Sitzblockaden kann man gewaltfrei seinen Körper einsetzen und Handlungsfähigkeit zurückgewinnen.

Wie verhält sich die Polizei üblicherweise bei solchen Sitzblockaden?
Nach meinen Erfahrungen verhält sich die Polizei zunächst einmal sehr diszipliniert. Sie versucht mit den Demonstranten zu kommunizieren. Je länger jedoch Sitzblockaden anhalten, desto nervöser werden die Beamten. Sie werden aggressiver und nutzen ihren politischen Spielraum nicht mehr. Ich hoffe, dass die Polizei am Sonnabend auf friedliche Deeskalation setzt.

Gibt es Auflagen für die geplanten Aktionen?
Die »Meile der Demokratie« muss sich außerhalb der Ruf-, Hör- und Sichtweite der Nazis befinden. Ich halte diese Auflage für besonders unglücklich, da sie die direkte Wirkung unserer Aktionen einschränkt.

Beim von der NPD organisierten »Fest der Völker« kommen an diesem Sonnabend in der thüringischen Kleinstadt Pößneck Rechtsextreme aus verschiedenen Ländern Europas zusammen. Es werden Reden gehalten und rechtsradikale Musikbands treten auf. Das »Aktionsnetzwerk Jena« hat zusammen mit anderen Gruppen Protest angekündigt. Aert van Riel sprach mit Christoph Ellinghaus, einem der Sprecher des Netzwerks.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -