»Fest der Völker« für Nazis eine Pleite
Thüringer Programm gegen Rechts in Sicht
Dieter Althaus ist weg und jetzt darf auch die Thüringer CDU gegen Nazis sein. »Ein Landesprogramm gegen Rechts werden wir ja irgendwie zustande bringen«, versprach Christine Lieberknecht, CDU-Kandidatin für das Amt des Ministerpräsidenten, am Sonnabend in Pößneck (Thüringen). Bislang hatte sich die Thüringer Union dem immer widersetzt und sich auch sonst zum Thema Rechtsextremismus deutlich zurückgehalten. In Pößneck hatte die NPD am Sonnabend mit dem »Fest der Völker« ein internationales Vernetzungs- und Rechtsrocktreffen veranstaltet.
Mit mäßigem Erfolg. 1500 Neonazis waren angekündigt, 450 nach Polizeiangaben gekommen. 750 Gegendemonstranten blockierten weitgehend friedlich das Schützenhaus, in dem die vom NPD-Kreisverband Jena angemeldete Veranstaltung stattfand und das dem NPD-Bundesvize Jürgen Rieger gehört. Auf einer »Meile der Demokratie« protestierten Projekte und Initiativen aus Pößneck und anderen Städten und forderten »Vielfalt, Toleranz, Freiheit und Menschenwürde«. In seltener Einigkeit traten auch die Spitzenkandidaten der vier im Landtag vertretenen Parteien CDU, LINKE, SPD und Grüne auf. Die Polizei war mit Einsatzkräften aus sechs Bundesländern sowie der Bundespolizei vor Ort.
»Wir haben es geschafft, dass zum Thema Rechtsextremismus Stellung bezogen wurde – nicht nur zum ›Fest der Völker‹«, so die Bilanz von Katharina König (LINKE) vom Aktionsbündnis Jena, das gemeinsam mit der JG Stadtmitte Pößneck unterstützt hatte. Ein kommunales Bündnis gegen Rechts regt Pößnecks Bürgermeister Michael Modde (SPD) an. Im Januar würden in Jena Bürgermeister und antifaschistische Netzwerke auf einer Konferenz zusammenkommen, ergänzt sein Jenaer Amtskollege Albrecht Schröter. Modde kritisierte zudem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Weimar, das am Freitagabend das Neonazi-Fest erlaubt und der NPD lediglich die Auflage erteilt hatte, im Schützenhaus zu bleiben.
Und die Pößnecker? »Wir schaffen es nicht, die gesellschaftliche Mitte zu erreichen«, fürchtet Sparkassenchef Helmut Schmidt. »Auch nach dem 12. September werden wir das Problem noch haben. Wir müssen uns um die Mitläufer kümmern.« Die Sparkasse gibt ideelle und finanzielle Unterstützung, im Sparkassen-Gebäude hat das Aktionsbündnis Courage (ABC), ein Bündnis gegen Rechtsextremismus und für demokratische Kultur, zwei Büros und ein Schaufenster. Einige Angestellte waren davon zunächst nicht angetan. »Viele unserer Mitarbeiter hatten Angst«, sagt Schmidt.
Am Sonnabend wirkt die Innenstadt bis auf kleine Grüppchen von Demonstrationsteilnehmern leer. Nur wenige Geschäfte sind geöffnet, keine Spruchbänder oder Transparente hängen aus den Fenstern. Im Café Lounge in der Fußgängerzone sitzen dieselben kurzhaarigen jungen Männer beim Bier wie zwei Stunden zuvor. »Wo willst'n hinnä?«, ruft einer einem Passanten zu. »Mal 'naufguggen«, schreit der zurück und deutet Richtung Schützenhaus. So wie er aussieht, meint er damit nicht die Kundgebung der Antifaschisten.
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