- Politik
- Fragwürdig
Angst vor der FDP?
Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips fürchtet um die Mieterrechte / Franz-Georg Rips ist Präsident des Deutschen Mieterbundes. Mit dem 60-jährigen Juristen sprach Gabriele Oertel
ND: Sie haben an alle Mieter nicht nur appelliert zu wählen, sondern auch klug zu wählen. Hat der Mieterbund etwa Angst vor der Entscheidung am Wochenende?
Rips: Angst ist übertrieben. Aber wir fürchten, dass die Mieterrechte deutlich reduziert werden, falls die FDP in die Bundesregierung kommen sollte. Und wir sagen, für Mieter ist die FDP nicht wählbar.
Warum?
FDP-Chef Westerwelle hat eindeutig öffentlich erklärt, das Mietrecht grundlegend zu Gunsten der Vermieter ändern zu wollen. Er nennt das freilich Liberalisierung, aber das heißt nichts anderes als Abbau von Mieterrechten.
Und das heißt wiederum?
Es sollen Mieterhöhungsmöglichkeiten vor allem bei Modernisierungen erweitert und verbessert werden, es sollen die Duldungspflichten der Mieter bei der Durchführung von energetischen Modernisierungen ausgeweitet werden, zudem soll die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen fallen – allesamt mieterfeindliche Regelungen.
Nun wird die FDP kaum die absolute Mehrheit erringen, sondern höchstens Juniorpartner bei Schwarz-Gelb. Die Union sieht keinen Veränderungsbedarf. Das müsste Sie eigentlich beruhigen.
Wenn Koalitionen geschlossen werden, müssen alle Beteiligten nachgeben. Mein Eindruck ist, dass die FDP auf das Mietrecht – weil es mit der Vermieterseite ihre Klientel betrifft – besonderen Wert legen wird. Ich fürchte, dass die CDU da Federn lassen müsste.
Ginge es nach dem Mieterbund und den Mietern, welches Wahlergebnis wäre das optimale?
Für uns ist sicherlich die Koalition am besten, in der alle Parteien links von der CDU beteiligt sind.
Ein Plädoyer für Rot-Rot-Grün?
Das wäre jedenfalls eine durchaus mögliche Variante für uns.
Aber die ist nicht gewollt.
Die Große Koalition hat auch den Mietern und dem Mietrecht nicht geschadet. Diese Option, die ich übrigens persönlich für relativ wahrscheinlich halte, wäre aus Sicht der Mieter durchaus akzeptabel.
Weil Themen wie Wohnen und Mieten in der Großen Koalition relativ unterbelichtet waren?
Die Wohnungs- und Mietenpolitik braucht tatsächlich einen höheren Stellenwert. Es gibt eine Menge zu tun. Die Wohnungsbestände müssen energetisch verbessert werden; zugleich muss eine Lösung gefunden werden, die die Kosten gerecht zwischen Mietern, Vermietern und staatlicher Förderung aufteilt. Zweitens brauchen die einkommensschwächeren Haushalte wirksame Hilfen für die höheren Mieten, die bei der Modernisierung entstehen. Drittens muss der Kuddelmuddel bei Hartz IV aufhören, wir brauchen Rechtsklarheit und Planbarkeit bei den Unterkunftskosten. Und: In bestimmten Gebieten wird Neubauförderung gebraucht, weil in Unistädten und Ballungszentren Wohnungsmangel herrscht.
Privatisierung kommunaler Wohnungen ist kein Thema mehr?
Auch wenn die Privatisierungswelle seit einem Jahr gestoppt ist, weil sich das im Augenblick wirtschaftlich nur schwer rechnet, wird es da neue Angriffe geben. 800 000 Wohnungen wurden in den letzten zehn Jahren verkauft.
Womit wir wieder bei Ihrer Warnung vor der FDP wären.
Genau. Dass die FDP für Privatisierungen ein Faible hat, ist schließlich bekannt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.