Rechte der letzten Mieter
Hausabriss
Unser Wohnblock soll nach städtebaulichem Konzept abgerissen werden. Wer ist berechtigt, unseren Mietvertrag zu kündigen? Gibt es einen Regierungsbeschluss, der die Rechte und Pflichten der betroffenen Mieter regelt?
Rudi S., Greifswald
Da im Zuge des „Aufbaus Ost“ viele weitere Wohnblocks, in denen nur noch einzelne Mieter wohnen, »vom Markt genommen«, also abgerissen werden sollen, ist dies eine aktuelle mietrechtliche Frage. Zunächst steht fest, eine baurechtliche Abrissgenehmigung hat keine direkte Auswirkung auf das Mietrecht. Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche »Abrisskündigung«, auf die sich Vermieter berufen können. Auch die Absicht zum Abriss eines Wohnblocks führt nicht automatisch zur Beendigung eines Mietverhältnisses.
Wenn es aber eine städtebauliche Konzeption zur Umgestaltung einer Stadt gibt, die den Abriss von Gebäuden vorsieht, haben Gerichte eine Kündigung der letzten Mieter als Ausnahmefall zugelassen. So wurden Mieter, auch ohne gesetzliche Abrisskündigung, zum Auszug gezwungen.
Es gibt auch keine gesetzliche Regelung für die Bereitstellung einer gleichartigen Ersatzwohnung, für Entschädigung oder Erstattung von Umzugskosten. Das einzige Recht der Mieter beruht auf ihrem Mietvertrag. Ohne entsprechendes Gegenangebot des Vermieters können sie auf dessen weiterer Erfüllung bestehen, wenn nötig mit Rechtshilfe. Mietern in solcher Lage ist zu raten, mit dem Vermieter selbstbewusst eine einvernehmliche Lösung anzustreben, die beiden Seiten gerecht wird: Der Vermieter will so schnell wie möglich die ihm sehr teuer werdende weitestgehend leestehende Immobilie loswerden, der Mieter braucht eine angemessene Ersatzwohnung, am besten aus dem Bestand des Vermieters zu ähnlichen Bedingungen wie bisher, und finanzielle Unterstützung beim Umzug.
Bei dieser beiderseitigen Interessenlage sind solche Kompromisse durchaus möglich. Wer von sich aus kündigt und vorbehaltlos auszieht, wird keine Forderungen mehr geltend machen können.
BGH-Urteil zu bestimmten Voraussetzungen einer zulässigen Abrisskündigung vom 28. Januar 2009, Az. VIII ZR 7/08; siehe auch ND-Ratgeber Nr.517 und 900, jeweils Seite 3.
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