Stegner wartet auf »mutige Vorschläge«
Auch in der SPD von Schleswig-Holstein rumort es nach der Wahl
Bei den Landtagswahlen ist die SPD im Land von 38,7 Prozent im Jahr 2005 auf das historische Tief von 25,4 Prozent abgestürzt. Schon bei den Europawahlen waren es nur 24,6 Prozent gewesen (2004: 25,4). Im vergangenen Jahr langte es bei den Kommunalwahlen landesweit nur für 26,6 Prozent (2003: 29,4 Prozent). In allen drei Fällen lag die siegreiche CDU nicht in Schlagweite, sondern in unerreichbarer Ferne. Der Landesvorsitzende Ralf Stegner bleibt seit seiner Amtszeit den Nachweis schuldig, dass seine Partei mit ihm an der Spitze Wahlen gewinnen kann. Aufgrund dieser Tatsache formieren sich nun die Kritiker.
Nimmt man die Wahlergebnisse als Gradmesser, hat die SPD mit Kiel und Lübeck nur noch zwei Hochburgen im Land. Der Kieler Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels vermisst beim 50-Jährigen Stegner Selbstkritik. Der Kreisverband Kiel fordert, dass der SPD-Spitzenmann nach seiner Wiederwahl zum Fraktionschef im Landtag nun auf das Amt des Landesvorsitzenden verzichten soll. Die offizielle Amtsperiode dafür läuft erst 2011 aus. Der Kreisverband Plön sieht allerdings die dringende Notwendigkeit für einen Parteitag noch im November. Die Kreise Kiel und Dithmarschen unterstützen diese Forderung. Finden sich mindestens drei weitere Kreise, muss zum Sonderparteitag geladen werden. Stegner hat ein anderes Zeitfenster vor Augen. Nach einer Sitzung des Landesvorstandes verkündete er den 6. Februar als Parteitagstermin.
Fakt ist, dass es in den 15 Kreisverbänden rumort. Der Vorsitzende des Kreises Schleswig-Flensburg, Dirk Peddinghaus (ein Stegner-Kritiker), hat jetzt die Brocken hingeworfen. In Neumünster begann der Streit bereits vor der Wahl und entzündete sich an der Kandidatenfrage für das Landesparlament. Nach einer Niederlage bei der Kommunalwahl, dem Verlust des Oberbürgermeisteramtes und der Schlappe auch bei den Landtagswahlen ist die Stimmung im Keller. Immerhin sitzt nun kein SPD-Abgeordneter aus der viertgrößten kreisfreien Stadt mehr im Landeshaus.
Der bisherige Justiz- und Arbeitsminister Uwe Döring aus Neumünster prophezeite seinen Genossen eine womöglich längere Zeit in der Opposition. Er gilt als Gegner eines Stegner-Kurses, die LINKE künftig als gleichberechtigte, normale Partei zu behandeln. Bei allem Wundenlecken herrscht derzeit Einigkeit darin, dass es ein »Weiter so« nicht geben dürfe. Nach wegbrechenden Wahlkampfkostenerstattungen droht der Partei nun auch noch der Sparzwang mit empfindlichen Einschnitten in der Partei-Logistik, etwa bei den Geschäftsstellen.
Stegner selbst sieht Kritik sportlich. Er ist es gewohnt, dass man sich an ihm abarbeitet. Stegner: »Ich warte auf mutige Personalvorschläge!« Bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden erhielt er 20 von 25 Stimmen und sieht sich gestärkt. Böse Worte von Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück in seine Richtung bestärken indessen Stegners Widersacher.
Unterdessen rüstet sich die Partei für die Opposition im Landtag. Bereits in der ersten Sitzung will man die erneute Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Geschehnisse um die mit Hamburg als Landesbank betriebene HSH Nordbank beantragen. Der Untersuchungsauftrag wird demnach noch ausgeweitet um die aktuellen Vorstands-Boni-Diskussionen und die umstrittene Millionenzahlung an Goldman Sachs.
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