Eine Stimme der Gegenöffentlichkeit

Das Internetportal amerika21 versorgt seine Leser mit alternativen Informationen aus Lateinamerika

  • Tobias Lambert
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Internetportal amerika21 berichtet seit zwei Jahren alternativ zu Venezuela und Lateinamerika. Die Resonanz wächst.

Informationen aus Lateinamerika sind wieder vermehrt gefragt. Nachdem das fälschlicherweise ausgerufene »Ende der Geschichte« Anfang der 1990er Jahre die meisten sozialen Bewegungen des amerikanischen Kontinents in eine Art kollektive Schockstarre versetzt hatte, schrumpfte auch hierzulande das Interesse an Lateinamerika zunächst rapide. 1994 vermochten die ZapatistInnen mit ihrem »Ya Basta« vom Süden Mexikos aus das Schweigen zu brechen. Doch erst Ende des letzten Jahrtausends kehrten soziale Bewegungen massiv ins politische Geschehen zurück. Hatten sich viele Bewegungen während der neoliberal dominierten 1990er Jahre auf spezifische Politikfelder zurückgezogen, gewannen nun wieder Forderungen nach tief greifender politischer Transformation die Oberhand. Damit einher gingen neue Machtperspektiven, die, angefangen in Venezuela 1999, in zahlreichen Ländern des Kontinents zur Etablierung progressiver, häufig durch soziale Bewegungen gestützte Regierungen führten.

Seitdem wird auch in hiesigen Medien wieder verstärkt über Lateinamerika berichtet. Besonders was Venezuela angeht, dominiert allerdings ein einseitiger Diskurs, der von Schlagworten wie »Populismus« oder »Autoritarismus« geprägt ist, während interessante politische Prozesse oft wenig Beachtung finden. Um die deutschsprachige Informationslandschaft zu Lateinamerika inhaltlich zu bereichern, gründeten einige Journalisten und Lateinamerika-Experten im Juli 2007 das ehrenamtlich betriebene Internetportal amerika21.de. »Wir haben in Venezuela erlebt, welche positiven Entwicklungen im Bildungsbereich, bei der Gesundheitsversorgung und in der Arbeitswelt in kurzer Zeit erreicht wurden«, berichtet Redaktionsmitglied Malte Daniljuk. »Besonders in den riesigen Armenvierteln dieses reichen Landes erlebt man eine unglaubliche politische Beteiligung. Diese sehr wichtigen Erfahrungen wollen wir auch anderen zugänglich machen.«

Die Seite bietet täglich aktualisierte Nachrichten und Hintergrundartikel, die teilweise auch aus anderen linken Medien stammen. Somit stellt sie eine Ergänzung zu bereits länger existierenden Periodika zu Lateinamerika dar. Berichtete amerika21 zunächst fast ausschließlich über Venezuela, finden mittlerweile auch regelmäßig Nachrichten zu regionaler Integration oder anderen links-regierten Ländern wie Bolivien und Ecuador Platz. Die Schwerpunkte variieren dabei je nach Ereignislage. Nach dem Putsch in Honduras im Juni dieses Jahres etwa rückte das zuvor wenig beachtete Land in den Vordergrund der Berichterstattung. Vorwürfe von KritikerInnen, wonach die Seite die linken Regierungen Lateinamerikas uneingeschränkt in Schutz nehme, weist Daniljuk zurück: »Wir berichten ganz klar aus der Perspektive der sozialen Bewegungen, und damit auch oft genug kritisch gegenüber einzelnen Maßnahmen der jeweiligen linken Regierungen.«

Da amerika21 einen Beitrag zur Gegenöffentlichkeit leisten wolle, hieße das aber eben auch, der häufig auf Falschmeldungen basierenden Berichterstattung der kommerziellen Medien Paroli zu bieten. »Damit kommen wir automatisch in eine Logik der Gegeninformation, bei der wir scheinbar immer die Position derjenigen einnehmen, die von den bürgerlichen Medien angegriffen werden«, resümiert Daniljuk. Die gravierendsten Fälle werden von der Redaktion in einem Media-Watch-Blog kommentiert. Darüber hinaus bietet das Portal ein Forum für die Vernetzung von Solidaritätsgruppen, Terminankündigungen und seit Anfang des Jahres auch eine spanischsprachige Unterseite. In Zukunft möchte amerika21 die Berichterstattung auf weitere Länder des Kontinents ausweiten.

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