Konzept des freien Marktes hat ausgedient
Wirtschaftsnobelpreis 2009 geht an die US-Wissenschaftler Elinor Ostrom und Oliver E. Williamson
Mit der Weltfinanzkrise hat nicht nur der politische Marktwirtschaftsliberalismus arge Beulen bekommen, sondern auch die seit den späten 1970er Jahren in den Wirtschaftswissenschaften dominierende Neoklassik. Das wird längst auch von der Königlich-Schwedischen Wissenschaftsakademie in Stockholm, die den Wirtschaftsnobelpreis verleiht, so gesehen. Im vergangenen Jahr erhielt der Neokeynesianer und profilierte Bush-Kritiker Paul Krugman den Nobelpreis.
In diesem Jahr geht die Auszeichnung an Oliver E. Williamson, einen der Mitbegründer der Neuen Institutionenökonomie. Diese noch relativ junge Forschungsrichtung bildet quasi eine Brücke zu den Sozialwissenschaften. Die Lehre vom freien Markt als Wohlstandsbringer und dem Menschen als bloßen »Homo oeconomicus« wird als völlig einseitige Darstellung kritisiert. Hierarchien und Konzentrationsprozesse auf den Märkten können Fortschritt behindern und Konsumenten ärgern. Märkte, aber auch Unternehmen seien »wichtige wirtschaftliche Institutionen«, schreibt Williamson in seinem bedeutendsten Werk »The Economic Institutions of Capitalism« (1985). Darin verweist der Professor für Betriebs-, Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft an der Universität von Kalifornien in Berkeley auf die bisherige Analyseschwäche, wonach Konzerne nur als »Black Box« wahrgenommen wurden. Die Komplexität solcher Organisationen zu entschlüsseln, darum hat sich der 1932 im US-Bundesstaat Wisconsin geborene Wissenschaftler verdient gemacht.
Speziell entwickelte Williamson die Theorie der »Transaktionskosten«, die zu erklären versucht, warum bestimmte Transaktionen in bestimmten Organisationsformen des Tausches abgewickelt werden. Demnach ist der Markt nicht frei, sondern eine Summe institutioneller Arrangements von Marktteilnehmern.
Auch die zweite Nobelpreisträgerin 2009, Elinor Ostrom, beschäftigt sich mit institutionellen Arrangements im wirtschaftlichen Bereich. Speziell forschte sie über Bewässerungssysteme, Fischerei- und Waldwirtschaft. Für eine nachhaltige, dauerhaft erfolgreiche Nutzung von Gemeinschaftsgütern sind, wie die Professorin an der Indiana University Bloomington in ihrem bedeutendsten Werk »Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action« (1992) schreibt, nicht Privatisierungen und Marktmechanismen, auch nicht staatliche Kontrollen und Regeln hilfreich; bei beiden drohe eine schädliche Übernutzung. Besser funktioniere eine institutionalisierte lokale Kooperation der Betroffenen mit allgemein akzeptierten Regeln auf Gemeinde- oder genossenschaftlicher Ebene, wobei vorhandenes Wissen genutzt werden könne.
Elinor Ostrom (geb. 1933), die erste weibliche Trägerin des seit 40 Jahren verliehenen Wirtschaftsnobelpreises überhaupt, entwickelte das alte Problem der »Tragik der Allmende« mit Feldstudien und einem spieltheoretischen Ansatz weiter und bezog es auf natürliche Ressourcen. Sie gilt als führende Forscherin im Bereich der Umweltökonomie. Ein Bereich, mit dem sich Neoklassiker wie auch Keynesianer nach wie vor schwertun, obwohl er für die Zukunft zentral werden wird. Und so ist es auch kein Wunder, dass die Wirtschaftsnobelpreisträgerin keine Ökonomin, sondern Politikwissenschafterin ist.
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