Kieler Landtagsmehrheit vorerst amtlich
Grüne und SSW klagen gegen Sitzverteilung / Linkspartei hofft weiter auf das sechste Mandat
Die schwarz-gelbe Mehrheit im Kieler Landtag ist seit Freitag amtlich – vorerst. Nach einer Sitzung des Landeswahlausschuss wurde gestern das Wahlergebnis proklamiert, nach dem CDU und FDP im Parlament auf eine Mehrheit von drei Stimmen kommen, obwohl sie einen geringeren Zweitstimmenanteil erreichten als SPD, Grüne, Linke und SSW zusammen.
Zuvor war am späten Donnerstagabend ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen die Verkündung des Wahlergebnisses aus formalen Gründen abgelehnt worden. Grüne und Südschleswiger Wählerverbund (SSW) haben vor dem Landesverfassungsgericht in Schleswig eine Klage gegen die Regelung im Landeswahlgesetz eingereicht, die dieses Ergebnis möglich macht. Die Linkspartei will sich anschließen, sobald sich die Fraktion konstituiert hat. Nach der jetzigen Regelauslegung wurden drei Überhangmandate der CDU nicht durch Ausgleichsmandate kompensiert. Grüne und SSW zeigten sich gestern optimistisch in Hinblick auf das Hauptverfahren. Ein CDU-Sprecher zeigte sich dagegen »sicher«, dass diese Rechtsauffassung »auch weiter Bestand hat«. Würden sich die Kläger durchsetzen, ginge die schwarz-gelbe Mehrheit verloren.
Auch die Forderung der Linkspartei, vor einer Ergebnisverkündung die Zweitstimmen in einem Husumer Wahlbezirk nachzuzählen, wurde vom Ausschuss vorerst abgelehnt. Der Kieler Linksfraktionschef Heinz-Werner Jezewski kündigt aber an, seine Partei werde »auf jeden Fall« auf dieser Forderung beharren. Der Linkspartei fehlen, wie die Landeswahlleiterin gestern bestätigte, nur vier Stimmen für ein sechstes Mandat, dass der FDP abgezogen werden würde. Im betreffenden Wahllokal unterschied sich das Zweitstimmenergebnis der Linkspartei bei der Landtagswahl eklatant von dem bei der Bundestagswahl am selben Tag. Jezewski ist »sicher, dass es einen Übermittlungsfehler gegeben hat«. Bekäme die Linkspartei ein weiteres Mandat zu Lasten der FDP, hätte Schwarz-Gelb auch für den Fall, dass die jetzige Mandatsverteilung bestehen bleibt, nur noch eine Stimme Mehrheit.
Über das Nachzählen entscheiden muss nun zunächst der Innen- und Rechtsausschuss des künftigen Kieler Landtags. Sollte sich der dagegen entscheiden, wird die Linkspartei das Verfassungsgericht anrufen. »Die Landesregierung steht auf tönernen Füßen. Mit einer Entscheidung noch in diesem Jahr ist aber kaum zu rechnen«, sagt Jezewski.
Zumindest bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr verschafft die fragwürdige Regierungsbildung in Kiel CDU und FDP aber auch eine Mehrheit im Bundesrat.
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