Kolumbien wirbt um Investoren
Nichtregierungsorganisationen üben scharfe Kritik an Werbeveranstaltung in Berlin
Müde flattert die kolumbianische Nationalflagge am Werkstor von Benilda S.A. im Wind. Hinter dem Tor sind die langen Reihen der Gewächshäuser zu sehen, deren Plastikplanen im Sonnenlicht schimmern, davor hängen Fahnen mit dem Aufdruck »Asolflores«, »Sintrasplendor« und »Sintracondor«. Das sind die Namen mehrerer Betriebsgewerkschaften, die sich mit dem Anfang September begonnenen Streik der Arbeiter des Unternehmens solidarisiert haben. Bei Benilda S.A., einst einer der großen Lieferanten von Rosen und Nelken für den deutschen Markt, wird nicht mehr produziert. In den Gewächshäusern verdorren die Nelken.
»Über zwei Jahre hat die Geschäftsführung die Rentenzahlungen nicht abgeführt und in den letzten Monaten auch nicht die Gesundheitsabgaben«, obwohl sie vom Lohn abgezogen wurden, klagt Carmen Micán. Seit 13 Jahren arbeitet sie bei Benilda. Anfangs seien die Arbeitsbedingungen noch recht gut gewesen, doch sie hätten sich immer mehr verschlechtert. 2001 gründeten die Arbeiter die Betriebsgewerkschaft »Sintrabenilda«. »Seitdem hat sich der Konflikt zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern stetig verschärft«, so Gewerkschafterin Micán. Unabhängige Arbeitervertretungen in der Branche sind nicht gern gesehen, wobei der Unternehmensverband »Asocolflores« darauf hinweist, dass die Arbeiter sehr wohl organisiert seien. »In Gewerkschaften im Dienst des Unternehmens«, erläutert Frau Micán. Die steckten mit der Geschäftsführung unter einer Decke und hätten angesichts der angedrohten Schließung des Unternehmens den Sparfonds der Arbeiter mitgehen lassen.
Die restlichen 400 von einst 1800 Arbeitern streiken nun, um zu retten, was zu retten ist. Viel ist das nicht, denn längst hat Besitzer Pedro Mejia Betriebsvermögen in zwei andere Unternehmen verlagert – darunter auch Finanzhilfen der kolumbianischen Regierung. Die schaut dem Treiben bisher tatenlos zu, während der Unternehmerverband jede Stellungnahme ablehnt. »Benilda ist nicht Mitglied«, erklärte Sprecher Jaira Cadavid, der um das Image des Branchenverbands besorgt ist.
Doch um das steht es ohnehin nicht zum Besten. »Asocolflores« decke schwerwiegende Arbeitsrechtsverletzungen seiner Mitgliedsunternehmen, kritisiert Gertrud Falk vom deutschen Zweig der Menschenrechtsorganisation FIAN. Eine Einschätzung, die auch von hiesigen Gewerkschaftern geteilt wird. »Unternehmen verhindern gezielt Gewerkschaftsgründungen und diskriminieren Gewerkschaftsmitglieder«, so Heidi Schroth, Bezirkssekretärin der IG BAU. Die frühere Strategie, dass Gewerkschaften von Unternehmern gegründet wurden, sei dem Outsourcing gewichen. Arbeiter werden bei Subunternehmen angestellt, wobei ihnen gewerkschaftliche Organisationsrechte vorenthalten werden. Eine in Kolumbien weit verbreitete Strategie, die zum Gewerkschaftssterben beigetragen hat.
Solche Fragen dürften bei der »ExpoKolumbien«, der seit Montag in Berlin stattfindenden Werbeveranstaltung für den Investitionsstandort Kolumbien, unter den Tisch fallen. Neben »Asocolflores«, der rund 20 000 Blumen an Berliner und Touristen verteilen lässt, präsentiert sich auch »Fedepalma« – der Verband der Palmölproduzenten ist ebenfalls in die Schlagzeilen geraten: Palmölproduzenten verdrängen Kleinbauern mit Waffengewalt von ihrem Land und lassen im großen Stil Regenwald roden, kritisieren kolumbianischen Bauernorganisationen. Doch weitere Investitionen im Palmölsektor wünscht Kolumbien, das ist auch Ziel der »ExpoKolumbien«. Diese wird übrigens auch mit Mitteln aus dem Entwicklungshilfeministerium finanziert. Die staatliche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit ist Mitveranstalter.
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