Richter: Alex W. schlug wie ein Berserker zu

Ermordete Ägypterin hatte laut Obduktionsbericht keine Möglichkeit, sich gegen den Angriff im Gerichtssaal zu wehren

  • Lesedauer: 2 Min.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wurde am Dienstag am Dresdner Landgericht der Prozess um den Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini fortgesetzt.

Dresden (dpa/ND). Alex W. schlug »wie ein Berserker« auf Marwa El-Sherbini ein. So schilderte am Dienstag Richter Tom Maciejewski die Bluttat vom 1. Juli am Dresdner Landgericht. Maciejewski war damals als Vorsitzender Richter Augenzeuge, als Alex W. mitten im Gerichtssaal die schwangere Ägypterin mit mindestens 16 Messerstichen tötete und ihren Ehemann schwer verletzte. Seit Montag steht der aus Russland stammende 28-jährige Deutsche vor Gericht, die Anklage wirft ihm Mord, versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor.

Maciejewski hatte am 1. Juli die Berufungsverhandlung gegen Alex W. geleitet. Dabei ging es um Beleidigung. Der Russlanddeutsche hatte im Sommer 2008 Marwa El-Sherbini wegen ihres Kopftuchs als »Terroristin«, »Islamistin« und »Schlampe« beschimpft. Im Gerichtssaal kam es dann zu der Gewalttat. Alles sei »rasend schnell« gegangen, die dumpfen Schläge hätten sich wie Maschinengewehrsalven angehört, sagte Maciejewski. Er habe sich gewundert, dass solche Geräusche durch Fäuste hervorgerufen werden können. »Ich habe ihn angeschrien: Lassen Sie die Frau los, hören Sie auf, hören Sie auf«, sagte der 46 Jahre alte Jurist. Als er den Angeklagten habe greifen und stoppen wollen, habe er das Messer in dessen rechter Hand bemerkt. Daraufhin sei er zur Richterbank zurückgegangen und habe den Alarmknopf gedrückt. Dann sei er wieder zu Alex W. gestürzt, um ihm das Messer zu entreißen. »In dem Moment dreht er sich zu mir um und sticht in meine Richtung; ich dachte, das war's jetzt, heute komme ich nicht nach Hause.« Alex W. habe ihn nicht getroffen, sei jedoch immer nähergekommen. Maciejewski war nach eigenem Bekunden dann auf den Flur hinausgestürzt, wo er um Hilfe schrie. Gegen Maciejewski und den Gerichtspräsidenten läuft ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung. Strafanzeige hatte der Anwalt des Witwers von Marwa El-Sherbini gestellt.

Es habe zuvor »keine Anhaltspunkte« für eine solche Eskalation gegeben. »Sonst hätte ich zumindest einen Wachtmeister reingesetzt«, sagte Maciejewski.

Bei der Verhandlung hatte am Dienstag zunächst die Rechtsmedizinerin Christine Erfurt ausgesagt. Ihren Angaben nach hat die Ägypterin nach der Messerattacke nur noch wenige Minuten gelebt. Von insgesamt 16 Messerstichen habe einer das Herz getroffen. Auch die 13 Stiche in den Rücken der Frau können für sich genommen tödlich gewesen sein, sagte die Medizinerin der Universitätsklinik Dresden. Laut Obduktionsbericht war die Attacke so heftig, dass auch Knochen verletzt wurden. Offenkundig hatte die Ägypterin keine Chance, sich zu wehren. »Wir haben keine Abwehrverletzungen festgestellt«, sagte Erfurt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.