Von Seeschlangen und Drachen
Viele Technologien für Nutzung der Wellenenergie – doch kein Durchbruch
Eine ICE-lange Schlange schwimmt im Meer vor Edinburgh. Doch anders als das Ungeheuer von Loch Ness entstammt dieses Geschöpf nicht der schottischen Sagenwelt, sondern ist ein Produkt von Wissenschaft und Technik. »Pelamis« (griechisch Seeschlange) heißt der Prototyp eines der ersten kommerziellen Kraftwerke der Welt, welcher die Energie der Meereswellen nutzt. Die im Wasser schwimmende Anlage besteht aus vier Stahlrohrsegmenten, die über Gelenke miteinander verbunden sind. Durch den Wellengang knicken die Gelenke ein und pressen dabei Hydraulikflüssigkeit durch Generatoren, die eine maximale Leistung von 750 Kilowatt erzeugen. Im nächsten Frühjahr soll eine weitere Anlage dieser Bauart vor der nordirischen Küste ans Netz gehen.
An der stürmischen Westküste Portugals, 40 Kilometer nördlich von Porto, speisen bereits seit Juli 2008 drei »Seeschlangen« dieses Typs Strom ins portugiesische Netz. Aguçadoura II mit bis zu 30 dieser 150 Meter langen und 750 Tonnen schweren Anlagen ist in Planung und könnte bald schon 8000 Haushalte mit Strom versorgen.
Geeignete Standorte für Wellenkraftwerke finden sich fast überall an Europas Westküste. Noch aber sind die Kosten für eine Kilowattstunde mit etwa 10 Cent mehr als doppelt so hoch wie bei Strom aus Kohle oder Gas. Nach Expertenmeinung könnte es zehn bis zwanzig Jahre dauern, bis sich Wellenkraftwerke rentieren.
So lange möchte Lars Christensen vom dänischen Unternehmen Löwenmark nicht warten. Er geht davon aus, dass die Wellenkraft schon in wenigen Jahren ernsthaft mit der Offshore-Windenergie konkurrieren wird. Seine Firma hat sich die Wave-Dragon-Technologie (Wellendrachen) patentieren lassen. Zwei V-förmig angeordnete Reflektorarme mit rund 300 Metern Spannweite leiten die Wellen in ein Auffangbecken, aus dem das Wasser über mehrere Niederdruckturbinen wieder ins Meer zurückläuft. Nach der Testphase einer 20-Kilowatt-Anlage im dänischen Fjord Nissum Bredning soll im Sommer 2011 eine Anlage mit vier bis sieben Megawatt vor der walisischen Küste in Betrieb gehen.
Auch an Land wird die Kraft der Wellen genutzt. Bereits seit November 2000 liefert »Limpet« auf der westschottischen Hebrideninsel Islay Strom. Das Kraftwerk wandelt die Energie der Brandungswellen in Elektrizität um. Jede Welle drückt Wasser in drei 25 Meter lange Betonröhren, das im Wellental dann wieder herausläuft. Der dadurch entstehende Luftdruck bzw. Luftsog treibt zwei hintereinandergeschaltete Wells-Turbinen am oberen Ende der Röhren an. Wells-Turbinen behalten bei wechselnder Strömungsrichtung ihre Drehrichtung. Im Januar 2009 hat die schottische Regierung grünes Licht für das Nachfolgeprojekt »Siadar Wave Energy« gegeben, eine Vier-Megawatt-Anlage in Schottland, die 1500 Haushalte mit Strom versorgen soll.
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