Datenbank Atypische Beschäftigung
Leiharbeit ist ein immer wieder heiß diskutiertes Thema. Gleichzeitig bleibt das Phänomen schwammig. Wer sind die, die als Leiharbeiter mal hier, mal dort arbeiten? Wie viele sind es und wo arbeiten sie? Eine neue Online-Datenbank macht die Materie etwas greifbarer.
Die »Datenbank Atypische Beschäftigung« des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung ermöglicht den Blick mit der Lupe auf verschiedene Stadt- und Landkreise. In interaktiven Karten und Statistiken kann man sich etwa darüber informieren, wie es in der eigenen Region um die Leiharbeit bestellt ist. Dabei gibt es zum Teil überraschende Erkenntnisse: Während etwa im Bundesdurchschnitt nur rund 2,5 Prozent der Beschäftigten als Leiharbeiter tätig sind, erreichen einzelne Kreise wie Wolfsburg Werte von 10,4 Prozent. Was im Gesamtbild noch eher marginal wirkt, wird so bei Betrachtung kleinerer Einheiten zur bedeutenden sozialen Realität. »Die Brisanz der Leiharbeit wurde in der öffentlichen Diskussion verkannt«, sagt Datenbankentwickler Alexander Herzog-Stein gegenüber ND angesichts von regionalen Zentren, in denen jeder zehnte Beschäftigte ein Leiharbeiter ist.
Zwar ist bisher Leiharbeit der Schwerpunkt der Datenbank, doch auch Informationen zu anderen atypischen Beschäftigungsformen – etwa Teilzeit und Minijobs – sollen nach und nach eingespeist werden. Gezeigt wird die Entwicklung der Jahre 2003 bis 2008. Nach und nach wolle man so »ein Problembewusstsein für die atypische Beschäftigung wecken«, so Herzog-Stein. »Denn entgegen dem Namen ist sie längst nicht mehr atypisch.«
Die Daten zur Leiharbeit sprechen eine deutliche Sprache: 700 000 Leiharbeiter gab es 2008 – das ist eine Steigerung von 84 Prozent allein zum Jahr 2005. Seit 2004 die Zeitarbeitsbranche durch das erste Hartz-Gesetz radikal dereguliert wurde, steigen die Zahlen kontinuierlich. Leiharbeit wird als Säule einer flexiblen, profitabilitätsorientierten Arbeitnehmerorganisation strategisch genutzt. Eine Entwicklung, die nicht nur Herzog-Stein kritisch betrachtet. Anders als bei Teilzeitarbeit geht die Leiharbeit klar zu Lasten der Arbeitnehmer, vor allem durch geringere Bezahlung und Absicherung sowie instabile Beschäftigungsverhältnisse.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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