Ackern im Treibhaus

Mehr CO2 lässt Pflanzen wachsen, aber reduziert Nährstoffaufnahme

  • Walter Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Wegen des Klimawandels müssen die Nutzpflanzen der Zukunft mit anderen Bedingungen zurecht kommen als heutige Getreide- oder Gemüsesorten. Die simple Rechnung »Mehr Kohlendioxid gleich höherer Ertrag« wird obendrein nur bedingt aufgehen.

Gute Nachrichten klingen anders: Nach einer aufwändigen neuen Studie des renommierten Internationalen Forschungsinstituts für Ernährungsfragen (IFPRI) in Washington (USA) wird der Klimawandel die weltweite Ernährungslage unterm Strich verschlechtern und etwa 25 Millionen unterernährte Kinder zur Folge haben – zusätzlich zu den heute schon hungernden, wohlgemerkt. Vor allem im südlichen Asien, wo Felder bewässert werden müssen, wird laut IFPRI der Ertrag der wichtigsten Feldfrüchte zurückgehen.

Die lange gehegte Hoffnung, der weltweite steigende Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre werde auch Nutzpflanzen kräftiger wachsen lassen und Bauern so zu üppigeren Ernten verhelfen, hat durch neuere Forschungsarbeiten einen Dämpfer erlitten. Die australische Pflanzenphysiologin Ros Gleadow von der Monash-Universität in Melbourne zum Beispiel hat im vorigen Jahr mehrere Nutzpflanzen einer sehr kohlendioxidreichen Kunst-Atmosphäre ausgesetzt. Die im Gewächshaus herangezogenen Pflanzen veratmeten Luft mit einem Gehalt von 700 ppm – eine CO2-Konzentration, wie sie Experten für das Jahr 2100 erwarten und die fast doppelt so hoch ist wie die aktuelle.

Als die Wissenschaftlerin nach neun Monaten ihre Pflanzen untersuchte, staunte sie nicht schlecht: Zwar waren Baumwolle, Sorghum-Hirse und Soja-Bohnen höher gewachsen und hatten holzigere Stängel und kleinere Blätter ausgebildet (The Scientist, Bd. 23, Nr. 10, S.17). Doch die Wurzelknollen der Maniok-Pflanzen – in tropischen Regionen der drittwichtigste Lieferant von Kohlenhydraten – waren erbärmlich dünn und viel zu klein. Sie lieferten etwa 80 Prozent weniger Nahrungskalorien als normal geratene. Gleadow zeigt sich besorgt: »Wenn die Maniok-Ernte künftig wirklich so stark sinken sollte, werden viele Menschen verhungern.«

Der Grund für den Kümmerwuchs: Maniok gehört – wie Weizen und Reis – zu den so genannten C3-Pflanzen, die Kohlendioxid durch Photosynthese in drei Zuckermoleküle umwandeln. Ist der CO2-Gehalt hoch, verengen sich bei ihnen die Atemöffnungen an der Blatt-Unterseite. Dadurch transpiriert die Pflanze weniger – und saugt entsprechend weniger Wasser mit darin gelösten Nährstoffen aus dem Boden. Dem verstärkten Wachstum stehen weniger Nähstoffe gegenüber: Die Pflanzen enthielten bis zu 15 Prozent weniger Calcium, Magnesium, Phosphor und Eiweiße.

Zu den eher wenig bekannten Folgen des Klimawandels gehört der Einfluss milder werdender Winter auf den Wuchs von Kulturpflanzen und den nutzbaren Ertrag – zumindest in Regionen mit warmen Sommern und winterlichen Frösten. Dort sprießen und blühen etliche ein- und zweijährige Pflanzenarten nicht bevor sie eine längere Zeit mit eisigen Temperaturen durchlebt haben. Und nur so reifen bei ihnen Samen heran. Dieses Problem betrifft bei uns vor allem die Wintergerste, aber auch andere Wintergetreide, die noch im Herbst gesät werden.

Weniger Bodenfröste haben auch andere Nachteile für die Landwirtschaft. Unterhalb der etwa 25 Zentimeter mächtigen Pflugsohle, die mechanisch gelockert wird, sind es die Bodenfröste, welche das Porenvolumen zwischen den Bodenteilchen vergrößern und so dafür sorgen, das Luftsauerstoff und Wasser besser in den Boden vordringen können und dessen Fruchtbarkeit erhöhen. Und nicht nur das: Die Selbstlockerung des Bodens schont auch das Klima, weil sie einen Teil des Schadens beseitigt, den schwere Ackermaschinen anrichten. Bei verdichteten Böden wird nämlich Stickstoff aus dem Boden oder dem Dünger vermehrt zu Lachgas statt zu Nitraten umgewandelt. Lachgas aber schädigt das Klima über 300mal so stark wie Kohlendioxid.

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