Werbung

Krieg mit juristischen Mitteln

Minister Guttenberg will Sonderregelungen für Soldaten im Einsatz

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
»Wir schaffen eine zentrale Zuständigkeit der Justiz für die Verfolgung von Straftaten von Soldaten, die diesen in Ausübung ihres Dienstes im Ausland vorgeworfen werden.« So steht es auf Seite 121 im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP. Kritiker wie der Linksfraktionsexperte Paul Schäfer fürchten Sondergerichte und damit Sonderrecht für Soldaten.

Am Wochenende bombardierten NATO-Jets in der westlichen Provinz Badghis irrtümlich ein Basisgebäude der Koalitions- und der afghanischen Truppen. Bilanz: Vier afghanische Soldaten und drei Polizisten wurden getötet. Die Ursachen derartiger Fehlwürfe lassen sich vertuschen.

Nicht vertuschen lässt sich der Luftangriff, den Bundeswehroberst Georg Klein am 4. September bei Kundus befohlen hat und dem bis zu 140 Menschen – vor allem Zivilisten – umkamen. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüfte, ob Ermittlungen gegen Klein eingeleitet werden müssen. Man kam – erstmalig – zu dem Schluss, dass der Fall wohl nicht nach »normalem« Strafrecht, sondern völkerstrafrechtlich zu beurteilen sei. Endgültig klären soll den Sachverhalt nun die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Und würde diese zustimmen, wäre es eine neue Qualität in der Einschätzung der Situation in Afghanistan.

Ein mögliches Strafverfahren hätte für die Bundeswehr katastrophale Folgen, protestiert Ex-Generalinspekteur Harald Kujat, denn jeder Offizier werde sich dann überlegen, »ob er unter diesen Bedingungen noch Führungsverantwortung übernimmt«. Der Umgang mit Oberst Klein sei ein »einziger Skandal«, schimpft Kujat.

Der neue Verteidigungsminister und promovierte Jurist Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der mit seinem lockeren Spruch über kriegsähnliche Zustände in Afghanistan eine überfällige Debatte losgetreten hat, spürt nun Konsequenzen. Er fordert mehr Rechtssicherheit für Soldaten. »Hier muss zwingend nachgeschärft werden, dass solche Zweifel nicht entstehen, gerade wenn Entscheidungen unter Zeitdruck fallen müssen.« Guttenberg prägte den Begriff der nicht-internationalen bewaffneten Konflikte. Was immer der bedeuten soll – Ziel ist es, Soldaten von juristischen Konsequenzen ihres Tuns freizustellen.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Oberst d.R. Jörg van Essen, fordert ein Ausnahmerecht für Militärs. Er sprach zivilen Staatsanwälten und Richtern die Kompetenz zur Beurteilung solcher Fälle ab und erklärte, die Regierung wolle in Potsdam rasch eine zentrale Gerichtsbarkeit für die Bundeswehrsoldaten aufbauen. Kommentar Seite 4

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -