Krieg mit juristischen Mitteln
Minister Guttenberg will Sonderregelungen für Soldaten im Einsatz
Am Wochenende bombardierten NATO-Jets in der westlichen Provinz Badghis irrtümlich ein Basisgebäude der Koalitions- und der afghanischen Truppen. Bilanz: Vier afghanische Soldaten und drei Polizisten wurden getötet. Die Ursachen derartiger Fehlwürfe lassen sich vertuschen.
Nicht vertuschen lässt sich der Luftangriff, den Bundeswehroberst Georg Klein am 4. September bei Kundus befohlen hat und dem bis zu 140 Menschen – vor allem Zivilisten – umkamen. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüfte, ob Ermittlungen gegen Klein eingeleitet werden müssen. Man kam – erstmalig – zu dem Schluss, dass der Fall wohl nicht nach »normalem« Strafrecht, sondern völkerstrafrechtlich zu beurteilen sei. Endgültig klären soll den Sachverhalt nun die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Und würde diese zustimmen, wäre es eine neue Qualität in der Einschätzung der Situation in Afghanistan.
Ein mögliches Strafverfahren hätte für die Bundeswehr katastrophale Folgen, protestiert Ex-Generalinspekteur Harald Kujat, denn jeder Offizier werde sich dann überlegen, »ob er unter diesen Bedingungen noch Führungsverantwortung übernimmt«. Der Umgang mit Oberst Klein sei ein »einziger Skandal«, schimpft Kujat.
Der neue Verteidigungsminister und promovierte Jurist Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der mit seinem lockeren Spruch über kriegsähnliche Zustände in Afghanistan eine überfällige Debatte losgetreten hat, spürt nun Konsequenzen. Er fordert mehr Rechtssicherheit für Soldaten. »Hier muss zwingend nachgeschärft werden, dass solche Zweifel nicht entstehen, gerade wenn Entscheidungen unter Zeitdruck fallen müssen.« Guttenberg prägte den Begriff der nicht-internationalen bewaffneten Konflikte. Was immer der bedeuten soll – Ziel ist es, Soldaten von juristischen Konsequenzen ihres Tuns freizustellen.
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Oberst d.R. Jörg van Essen, fordert ein Ausnahmerecht für Militärs. Er sprach zivilen Staatsanwälten und Richtern die Kompetenz zur Beurteilung solcher Fälle ab und erklärte, die Regierung wolle in Potsdam rasch eine zentrale Gerichtsbarkeit für die Bundeswehrsoldaten aufbauen. Kommentar Seite 4
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