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- Thema: »Ungarn nach der Wende«
Ungarns »Maueröffner«
In Ungarn bedurfte es 1989 weder eines gewaltsamen Umsturzes – wie im südlichen Nachbarland Rumänien – noch einer »samtenen« Revolution wie in der Tschechoslowakei. Es waren Kräfte in der regierenden Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei (USAP) selbst, die den Systemwechsel vorbereiteten. So hieß es denn auch 1993 in einem Porträtband über osteuropäische Politiker: »Den ungarischen Kommunisten kommt das Verdienst zu, ›klammheimlich‹, aber sehr zielgerichtet auf ein Ende des Sozialismus in seiner totalitären Form hingearbeitet zu haben – unter Inkaufnahme einiger Risiken ...« (Cathrin Kahlweit: Architekten des Umbruchs. S.Fischer Verlag 1993)
Am 7. Oktober 1989 beschloss ein Parteitag der USAP deren Auflösung und die Gründung der Ungarischen Sozialistischen Partei (USP), am 23. Oktober rief das Parlament statt der Volksrepublik die Republik aus.
Zuvor schon hatten Ungarns »Reformkommunisten« die Initialzündung für das Ende des »real existierenden Sozialismus« in der DDR und die politische Wende im Osten Europas ausgelöst, indem sie die ungarische Grenze zu Österreich öffneten und die Massenausreise von DDR-Bürgern ermöglichten. Miklós Németh, damals Ministerpräsident und nach eigener Aussage nie Kommunist, durfte deshalb zur Jubelfeier der Maueröffnung am 9. November dieses Jahres in Berlin gemeinsam mit dem ehemaligen polnischen Gewerkschaftsführer und späteren Präsidenten Lech Walesa die ersten Styropor-Dominosteine der eineinhalb Kilometer langen Symbolmauer umstoßen.
Németh hatte am 25. August 1989 auf Schloss Gymnich im Gespräch mit Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher mitgeteilt, dass er die Öffnung der Grenzen Ungarns für ausreisewillige DDR-Bürger beschlossen habe. Das enthüllte er allerdings erst im September 1990. Zuvor erntete allen Lorbeer für die Grenzöffnung sein damaliger Außenminister Gyula Horn. Der hatte nicht nur am 27. Juni 1989 gemeinsam mit Österreichs Außenminister Alois Mock einen ungarisch-österreichischen Signalzaun durchtrennt, um symbolträchtig den Abbau der Grenzsicherungsanlagen zu demonstrieren, er verkündete auch die Grenzöffnung für DDR-Bürger in der Nacht zum 11. September und nannte das später ausdrücklich seine persönliche Entscheidung. Es sei die schwerste seines Lebens gewesen, behauptete Horn und nahm dafür unter anderem den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments, den Karlspreis der Stadt Aachen und das Großkreuz des Bundesverdienstkreuzes entgegen.
Im eigenen Land blieb ihm, obwohl er 1994 bis 1998 Ministerpräsident war, solche Ehre versagt. 2007 beantragte USP-Regierungschef Ferenc Gyurcsány für Horn zu dessen 75. Geburtstag die Auszeichnung mit dem Großkreuz des ungarischen Verdienstordens. Doch der konservative Staatspräsident László Sólyom verweigerte dieser Ehrung – wie fünf Jahre zuvor sein Vorgänger Ferenc Mádl – seine Zustimmung. Wegen der kommunistischen Vergangenheit Horns und seiner »unkritischen Haltung« zur eigenen Rolle im Jahre 1956. Horns Bruder war damals von Aufständischen getötet worden, er selbst hatte als Nationalgardist die Volksrepublik verteidigt.
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